Kino & Fernsehen
"24" und der Kampf gegen den Terror
Von Rosi
04.03.2023, 14.02 Uhr
"24" und der Kampf gegen den Terror
1. Das Paranoia-Motiv in "24".
1.1 Paranoia auf Ebene der Figuren
- weder Jack Bauer noch David Palmer können als paranoider Charakter bezeichnet werden
- terroristische Bedrohung und Korruption in den eigenen Reihen sind real
- beide sind Kämpfer für das Gute in einer durch und durch korrupten Welt
1.2 Eine Welt der Paranoia - Die Dystopie von "24"
- Bedrohung von außen durch Terroristen
- Bedrohung von innen durch Kollaborateure, mächtige Wahlkampfspender und durch die Regierung selbst
- Totale Kontrolle durch Technologie: Überwachungskameras, Telefonate werden abgehört, private E-Mail-Konten geknackt, persönliche Daten auf ID-Karten gespeichert, Fernsteuerung durch Mikrotransmitter-Telefon
- Gefährliches Vertrauen: Menschen sind nicht die, die sie zu sein vorgeben
- Wertloses Menschenleben: Terroristen als nihilistische Tötungsmaschinen
1.3 Politischer Hintergrund
- 26. Februar 1993 Bombenanschlag auf das World Trade Center in New York (in "24" Anlass für die Gründung der fiktiven CTU)
- 19. April 1995 Bombenanschlag in Oklahoma City
- 1996 Verabschiedung des Antiterrorism and Effective Death Penalty Act
- Anschläge vom 11. September 2001
Die Macht der Bilder
"24" bietet eine vielschichtige Reflektion über die Macht der Bilder:
- durch Bilder verschiedener Überwachungskameras kann Ira Gaines Jack fernsteuern
- indem er die Kameras auf Schleife schaltet, kann Tony die totgeglaubte Nina einschleusen
- eine Falschmeldung im Fernsehen lässt die Terroristen in dem Glauben, dass ihr Anschlag auf den Präsidenten gelungen ist
- auf der Metaebene durch den vollständigen Bruch der Kontinuität der Figur Nina Myers, wenn diese als Maulwurf enttarnt wird --> reißt den Zuschauer aus dem Erzählkontinuum der Serie heraus, führt ihm die Konstruiertheit der Serie, die Manipulation durch Montage vor Augen (wie z.B. die Szene, in der Nina Myers Jamey Farrell tötet, in der Linearität der Erzählung unterschlägt)
- Anspielung auf David Lynchs "Mullholand Drive" (Teri Bauers Gedächtnisverlust nach dem Autounfall)
Dramaturgie
- Erzählung in Echtzeit (vollständige Deckung von Erzählzeit und erzählter Zeit), betont durch wiederholtes Einblenden einer digitalen Uhr
- Serie gibt vor, dass die Handlung während der Werbeunterbrechungen im amerikanischen Fernsehen fortläuft --> Charakter eines Live-Events
- Split-Screens unterstreichen Gleichzeitigkeit der Ereignisse
- Cliffhanger-Dramaturgie als Besonderheit des seriellen Erzählens (Instrument der Zuschauerbindung) --> einzelne Episoden enden mit überraschender Wendung
Resonanz
4.1 Einschaltquoten und wirtschaftlicher Erfolg
- Zuschauerzahlen der ersten Staffel waren nicht überragend (8,6 Millionen), stiegen aber mit den weiteren Staffeln (Staffel 5: 13,78 Millionen)
- hohe DVD-Verkaufszahlen überzeugten Fox, eine 2. Staffel in Auftrag zu geben
- über vier Millionen verkaufte DVDs der ersten fünf Staffeln (Stand: Dezember 2006)
- umfangreiches Merchandising-Angebot: 9-teilige Roman-Reihe "24": Declassified", 5 Graphic Novels, ein Videospiel etc.
4.2 Eingang in die Popkultur/Verweise auf "24" in anderen Werken
- Simpsons-Episode: "24 Minutes" mit Comic-Version von Jack Bauer
- South Park-Episode "The Snuke"
- Vergleiche mit James Bond verdeutlichen die kulturelle Relevanz
- "War James Bond der fiktive Held des Kalten Krieges, so ist heute Jack Bauer der fiktive Held des Krieges gegen den Terror." (Johanna Adorjan - Ich glaube an Jack Bauer. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 06. Februar 2005).
4.3 Auszeichungen (Auswahl)
- 2004 Golden Globe Best Television Series (Drama)
- 2006 Emmy Outstanding Drama Series
4.4 Kritik
Ethics of Urgency: "The pressure of events is so overbearing, the stakes are so high, that they necessitate a suspension of ordinary ethical concerns"
Jack Bauer als "archetype of the Bush years": "A hero who did not stop to ask questions about legal niceties in his pursuit of the bad guys"
--> Legitimation von Staatsfolter durch "24"?