Erziehung & Kinder
Als der Sensemann hinter mir her jagte
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In der Nachkriegszeit waren wir Jungens der Nachbarschaft eine verschworene Meute. Damals gab es noch kein Fernsehen. In unserer Freizeit waren wir immer auf den Beinen. Wir spielten auf dem Schuttplatz Krieg. Heino hatte einen richtigen Stahlhelm auf. Die kullerten überall herum. Fritz trug sogar Grossvater Pickelhaupe aus der Kaiserzeit. Wir beschossen uns mit Vogelschnippen. Oft waren auch die Vogelscheuchen unsere Feinde, die überall auf dem Feldern vor unserer Stadt in Lumpen gehüllt herumstanden. Sie hatten alle möglichen Filzhüte auf auf, eine sogar eine Lansermütze. Keine Vogel hatte Respekt vor diesen Vogelscheuchen. Unsere Vogelschnippen auch nicht. Wir lachten über diese Abschreckgestalten. Kein Vogel frisst Krautköpfe oder Runkeln. Am auffälligsten war eine Gespensterscheuche mit grossen weissen Augenhöhlen und aufgerissenem Mund mit Leuchtfarbe gestrichen. Nachts sah diese wirklich schrecklich aus. Was wir nicht wussten, diese sollte nachts, die Krautkopfdiebe verjagen. Auch wir schoben damals Kohldampf, stoppelten auf den abgernteten Feldern Kartoffeln. Eines Nachmittags kam meine Meute mit einem Handwagen voll Kohlrüben an. Die stammten von den Vogelscheuchenfeldern. Keiner verscheuchte meine Kohlerüpendiebe. Auch ich machte mich auf den Weg kam kurz nach der Dämmerung am Vogelscheuchenfeld an. Vorsichtshalber benutzte ich nicht den Weg sondern, kam vom Flussufer her, wo wir auch eine versteckte Erdöhle hatten. Seltsam, auf dem Feld standen sogar zwei schrecklich leuchtende Gestalten. Ich zitterte vor Angst und lachte darüber. Kaum hatte ich mich gebückt, zwei Kohlrüben herausgerissen, näherte sich mir so ein Leuchtgespenst. War es eine Angsttäuchung? Wie ich hinguckte stand dieses still. Plötzlich hörte ich ein Schnaufen, das Gespenst, sah schrecklich aus und kam auf mich zu. Ich raste los. Als ich mich umdrehte, war es nicht hinter mir, sondern flog den Feldweg entlang. Warum nicht übers Feld? Nein, das Gespenst fuhr auf einem Fahrrad. Das war der Sensemann, die Sense über die Lenkstange, starrten seine weissen, leuchtenden Augenhöhlen mich fürchterlich an. Den Todenschädel bedeckte ein Filshut. Er wollte mir den Rückweg über die Brücke abschneiden. Ich versteckte mich in unserer dunklen Höhle am Saaleflussufer. Endlich wagte ich mich heraus. Der Sensemann war längst über alle Berge. Ich war kurz vor der Brücke, da sah ich den Sensemann von weitem. Ich versteckte mich hinter einem Gebüsch. Der Sensemann, ich wagte gar nicht hinzusehen, radelte an mir vorbei. Am Brückenende ertönte ein Gejohle, eine Kinderschar rannte dem Gespenst hinterher.