Immobilien & Wohnen
Alte Industriestätten - Erhalt durch Neunutzung
Der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft hinterlässt seine Spuren. Leerstehende Fabriken und Industriegebäude stellen Besitzer und Kommunen vor Probleme. Gleichzeitig bieten diese Objekte aber auch Möglichkeiten zur Neunutzung – viele kreative Projekte und individuelle Geschäftsideen machen es erfolgreich vor.
Warum Neunutzung?
Alte Industriestätten und Fabriken sind wichtige Kulturdenkmäler. Der Erhalt dieser Objekte ist jedoch teuer. Eine Neunutzung kann den Erhalt finanziell möglich und sogar wirtschaftlich sinnvoll machen. Der besondere Charakter der alten Gebäude wird so zum Fundament für individuelle Nutzungskonzepte.
Denkmalschutz – Fluch oder Segen?
Eine der größten Herausforderungen bei der Neunutzung von Objekten ist der Denkmalschutz. Hierzu sollten die zuständigen Behörden frühzeitig in die Planung einbezogen werden.
In Deutschland ist der Denkmalschutz Sache der Bundesländer, zu berücksichtigen sind also die jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetze. In aller Regel zugelassen werden zum Erhalt notwendige Maßnahmen wie Dachausbesserungen oder Stabilisierung von tragenden Bauteilen. Auch bei Standardverbesserungen kommt es im Allgemeinen nicht zu Beanstandungen: sie machen das Objekt zeitgemäß nutzbar und dienen damit ebenfalls dem Erhalt. Hierzu zählen z.B. der Einbau moderner Bäder und Heizungsanlagen oder erforderliche Brandschutzmaßnahmen. Bei Nutzungsänderungen muss jedoch sorgfältig geplant werden um die Zustimmung der Behörden zu erhalten. Von den Denkmalbehörden abgelehnt werden meist grobe Grundrissveränderungen, Abbruch oder Austausch von erhaltenen Originalbauteilen und bauliche Veränderungen die das Gesamtbild des Denkmales stören.
Der Denkmalschutz bringt jedoch nicht nur Einschränkungen und Probleme mit sich. Bei der Einhaltung von Denkmalschutzauflagen winken steuerliche Vergünstigungen; Fördergelder für den Erhalt von Denkmälern oder für ökologisch vorbildliche Umbauten stehen ebenfalls zur Verfügung. Auch hier gilt: Kompromiss- und Gesprächsbereitschaft sowie frühzeitige Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden sind unerlässlich.
Möglichkeiten der Neunutzung
Im Folgenden sollen einige Projekte und Umnutzungen von Industriestätten vorgestellt werden. Sie stellen jedoch nur einen Bruchteil der zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten dar, der Kreativität sind in diesem Bereich kaum Grenzen gesetzt.
Wohnungen und Ateliers
Die wohl bekannteste (und für Investoren attraktive) Form der Neunutzung sind sogenannte „Lofts“, zu Wohnungen oder Ateliers umfunktionierte Lagerräume. In vielen großen Städten gibt es inzwischen verschiedenartige Wohn- und Künstlerprojekte. So auch die ehemalige Dosenfabrik in Hamburg (www.dosenfabrik-hamburg.de), in der mehrere Künstlerateliers entstanden sind. Ein Wohnprojekt mit besonderen Anforderungen ist das „Musikerwohnhaus“ in Basel (www.musikerwohnhaus.ch): In einer ehemaligen Fabrik wurden Wohnräume speziell für Musiker geschaffen, besonderer Wert wurde dabei auf schallgedämpfte Übungsräume gelegt.
Öffentliche Nutzung
Wenn der Erhalt von Industriestätten privat nicht finanzierbar ist, kann eine öffentliche Nutzung durch staatliche Einrichtungen, Vereine oder Interessengemeinschaften eine Lösung sein. Ein gelungenes Projekt aus dem sozialen Bereich ist die „Schokofabrik“ in Berlin (www.schokofabrik.de). Im dort entstandenen Frauenzentrum, anfangs als Wohnprojekt konzipiert, finden sich inzwischen zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten: Neben Veranstaltungen und Beratungsmöglichkeiten gibt es Bildungsangebote, Sport- und Tanzkurse, eine Werkstatt, eine Kindertagesstätte und ein über das Stadtviertel hinaus beliebtes Hamam, ein türkisches Bad für Frauen.
Geschäftliche Nutzung
Verschiedenste Geschäftsideen lassen sich in ehemaligen Industriegebäuden umsetzen:
Beispiele für eine Nutzung als Hotel sind die 2005 umgebaute Pelikanfabrik in Hannover (www.gaesteresidenz-pelikanviertel.de) oder das „Designhotel Gastwerk Hamburg“ in einem ehemaligen Gaswerk (www.gastwerk.com). Beide setzen auf die Integration der alten, ausdrucksstarken Gebäude in das moderne Gesamtkonzept.
Auch die „Malzfabrik“ in Köln (www.malzfabrik-koeln.de) macht sich den besonderen „Industriecharme“ zu nutze und bietet ein besonderes Ambiente für Veranstaltungen. Die Gebäude der ehemaligen Brauerei werden heute vor allem für Business-Events genutzt.
Im Einkaufszentrum „Walzmühle“ (www.walzmuehle.de) in Ludwigshafen am Rhein erinnert hingegen nur noch der Name an die vorherige Nutzung. Hier wurden vor allem die Lage und Anbindung der Walzmühle für die Geschäftsidee ausgenutzt.
Im Freizeitbereich sind die Nutzungsmöglichkeiten von Industriestätten beinahe unbegrenzt. So gibt es zum Beispiel Kinos im ehemaligen Kupplungswerk in Dresden (www.kif-dresden.de) oder in der Brotfabrik in Berlin (www.brotfabrik-berlin.de). In den Elbershallen in Hagen lädt ein Indoor-Spielplatz zum Toben ein (www.tohuwabohu-hagen.de). Die Industrieanlagen eines stillgelegten Hüttenwerks in Duisburg wurden zum Landschaftspark „Duisburg-Nord“ umgestaltet und beinhalten nun zahlreiche Angebote für Sportler (http://www.landschaftspark.de). Viele Projekte vereinen sogar mehrere Umnutzungsmöglichkeiten als Kulturzentren, die ein breites Publikum anlocken.
Den Herausforderungen des Denkmalschutzes stehen also beinahe unbegrenzte Nutzungsmöglichkeiten gegenüber – viele erfolgreiche Projekte beweisen, dass Erhalt und Neunutzung von Industriestätten sich keinesfalls widersprechen müssen.