Worauf es beim Burn-out-Syndrom wirklich ankommt
Burn-out
Derzeit gibt es eine regelrechte Burn-out-Epidemie. Wenn Magazine wie der SPIEGEL in fast regelmäßigen Abständen eine Titelstory daraus machen, muss die deutsche Seele wohl an einer neuen Krankheit leiden. An möglichen Heilwegen mangelt es nicht. Es gibt zahlreiche Maßnahmen, Burn-out zu behandeln. Gängig sind Stressreduktionstechniken, Therapien oder Kuren. Gelegentlich greift man auch zu härteren Maßnahmen wie Medikamente.
Doch was hilft wirklich und vor allem, kann man vermeiden, dass man ausbrennt?
Burn-out ist noch eine recht junge Diagnose, ungeachtet der Tasache, dass eigentlich schon jeder einmal davon gehört hat. Nur: Was Burn-out konkret ist, ist selbst unter Experten umstritten. Es ist tatsächlich nicht einfach, dieses Störungsbild abzugrenzen. Seine Symptome sind überaus diffus und überschneiden sich häufig mit denen anderer Störungen bzw. Erkrankungen (z.B. Depression).
Schauen wir einmal hinter die Kulissen. Die Diagnostik-Fibel von Ärzten und Therapeuten, das DSM (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen), ist voll von Störungen, die es vor einigen Jahren noch gar nicht gab. Dazu gehört auch das Burn-out-Syndrom (wenn auch in verklausulierter Form). Das heißt nun entweder, dass wir Menschen tatsächlich immer kränker werden bzw. sich die Lebensumstände deutlich verändern. Oder die Wissenschaft verfeinert immer mehr ihre Möglichkeiten, unterschiedliche Krankheitsbilder zu differenzieren.
Kritiker glauben, dass viele Diagnosen Modeerscheinungen sind. Quasi Konstrukte, die es eigentlich gar nicht gibt. Unstrittig ist, dass jedes neue Störungsbild neue Einnahmequellen schafft. Je mehr neue Erkrankungen man "findet", desto mehr neue Märkte erschließt man. Und für neue Erkrankungen gibt es natürlich begehrte Forschungsgelder.
In der Praxis ist es tatsächlich nicht einfach, eindeutig Burn-out festzustellen. Fest steht, dass Überlastung und Stress zentrale Merkmale sind, die die Lebensqualität der Betroffenen merklich beeinträchtigen. "Ausbrennen" ist insofern ein anschaulicher Begriff, weil er diesen Belastungszustand metaphorisch gut beschreibt: Die einst tosende Flamme verkümmert sozusagen zum flackernden Sparflämmchen.
Traditionell sieht man Burn-out deswegen so: Wenn Energie und Kraft schwinden, muss der Körper die Reserven wieder auftanken. Erholung ist daher bei vielen Ansätzen die Methode der Wahl. Diese Sichtweise ist aber verkürzt, denn am Auftanken der Batterie alleine liegt es nicht. Ein Vergleich mit dem Laptop hinkt an dieser Stelle vielleicht nicht allzu stark. Den eigentlichen Sinn verfehlen viele Laptops alleine deswegen, weil sie durch der sehr kurze Batteriedauer gar nicht wirklich frei von externen Stromquellen machen. Was nützt ein ultraleistungsstarker, mobiler Computer, wenn der Akku schon nach zwei Stunden verbraucht ist und man sich immer in Steckdosen-Nähe aufhalten muss? Um also im Laptop-Gleichnis zu bleiben. Entweder man tauscht die Batterien gegen leistungsstärkere aus oder man bereinigt das Betriebssystem von Anwendungen, die den Arbeitsspeicher zu sehr belasten.
Die zunächst verwunderlich klingende Message ist aus psychologischer Sicht: Burn-out ist ein Motivationsproblem.
Da Sie diese Antwort so vielleicht nicht erwarten, möchte ich das gerne genauer erklären. Gemeinhin nimmt man an, dass Menschen, die ausbrennen, keine Balance zwischen Anforderung und Ruhe finden. Bildlich gesprochen fahren sie mit voller Power im roten Drehzahl-Bereich. Eben bis die Maschine schlapp macht.
Moderne psychologische (funktionsanalytische) Untersuchungen zeigen: Es sind weder das mangelnde Auftanken, noch die hohen Anforderungen der Umwelt, die Burn-out erzeugen. Man kann zwar Zeitmanagement oder Aufgabenmanagement verbessern. Das wird auch helfen. Burn-out vermeiden wird man damit aber nicht, zumindest nicht auf Dauer.
Ausbrennen entsteht, wenn wichtige psychologische Grundbedürfnisse nicht befriedigt werden.
Grundbedürfnisse, oder besser Grundmotive, sind motivationale Antreiber. Menschen mit einem hohen Leistungsmotiv werden natürlich von Leistungssituationen angetrieben. Menschen mit einem hohen Machtmotiv sind motiviert, wenn sie in Situationen Verantwortung und Leistung übernehmen können.
Psychologische Untersuchungen zeigen nun, dass Menschen umso mehr ausbrennen, unter Stresssymptomen leiden und demotiviert sind, wenn zwei Dinge fehlen:
1. Die Selbstbestimmung
2. Die Fähigkeit, Absichten umsetzen zu können
Beispiel: Ein Mensch mit großem Leistungsbedürfnis (Leistungsmotiv) bleibt motiviert und brennt nicht aus, wenn er seine Leistungsfähigkeit in allen Facetten ausleben kann. Auf den Job bezogen heißt das z.B., dass er von den Arbeitsbedingungen nicht ausgebremst werden sollte. Weder über-, noch unterfordert wird. Verantwortung tragen darf etc. Wird dieses Grundmotiv optimal befriedigt, kann Burn-out selbst dann kaum entstehen, wenn dieser Mensch überdurchschnittlich viel arbeitet (die Arbeit ist ja in sich belohnend!).
Eine weitere Konsequenz ist, dass es eigentlich keine Rolle spielt, welches Temperament, welcher Charakter oder welche Persönlichkeit ein Mensch hat. Entscheidend ist nicht, wie ein Mensch auf Anfoderungen reagiert (z.B. ängstlich). Entscheidend ist, wie er mit seinen Selbststeuerungsfähigkeiten auf diese Anstrengungen reagiert (d.h., welche Bewältigungsmuster er anwendet).
Wenn also, wie in den meisten Notfallmaßnahmen und therapeutischen Ansätzen, Burn-out mit einer einseitiger Belastungsreduzierung begegnet wird, schafft man motivationale Burn-out-Symptome nicht wirklich aus der Welt. Der Betroffene lernt ja weder, was ihn eigentlich wirklich motiviert, noch wie er in konkreten belastenden Situationen vorhande Ressourcen aktiviert, um Burn-out zu verhindern.
Vor allem funktionsanalytische Ansätze helfen in dieser Sicht weiter. Sie beschreiben nicht nur, sondern (er)klären die Ursachen und zielen darauf ab, die dem Burn-out zugrundeliegenden Mechanismen zu verändern.
Bundesweit arbeitet eine Reihe von speziell funktionsanalytisch orientierten Psychologen, die gerade bei Burn-out eine effiziente Hilfe bieten. Manche Psychologen bieten auch E-Mail-Coaching an für Betroffene, die keine weite Reise machen wollen.
Weitere Infos unter. http://www.recon-freiburg.biz