Kino & Fernsehen
Der amerikanische Paranoia-Thriller: JFK
Von Rosi
03.07.2023, 15.24 Uhr
Der amerikanische Paranoia-Thriller: JFK
1.) Historischer Kontext
- 1990er: Renaissance der Verschwörungstheorien
- Wiedererstarken des Konservativismus - Entrüstung, Unsicherheit
- Ende des Kalten Krieges, Zusammenbruch der Sowjetunion
- 1989 George Bush sen. 41. Präsident - ´Neue Weltordnung`, Wirtschaftskrise, 02. Golfkrieg `91
- Verschwörungstheorien um das Kennedy-Attenta seit den 1979ern populär geworden
- 1988 Jim Garrisons On the Trail of the Assassins: My Investigation of the Murder of President Kennedy erscheint.
- Laut Umfrage glauben 73% der Amerikaner an eine Verschwörung
2) Der Mythos Kennedy
- 1960er: Zeit der Unsicherheit, Misstrauen, Angst - Kalter Krieg, Kommunismus, Überalterung der Führung. Flucht in Vorstädte, Abnahme traditioneller Familienstrukturen
- Kennedys Präsidentschaft versprach neuen Auftrieb
- Entscheidende außenpolitische Ereignisse - Schweinebuchtinvasion, Kubakrise, Bau der Berliner Mauer, Unruhen in Vietnam --> aber auch: Bürgerrechtsbewegung, soziale Reformen
- Kennedys Tod hinterlässt große Wunde - Trauer, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit
- Weitere Attentate: Martin Luther King Jr., Malcolm X, Robert F. Kennedy
- Ergebnisse des Warren Reports können das Rätsel um Kennedys Ermordung nicht erklären, sein Tod bleibt mysteriös
3) Oliver Stone - zwischen Wahrheit und Paranoia
- Vietnam Veteran
- Studierte Film an der New York Film School unter M. Scorsese
- Kontroverse Auseinandersetzung mit amerikanischen Mythen u.a. in: Platoon (1986), Wall Street (1987), Born on the Fourth of July (1989), Natural Born Killers (1994), Nixon (1994), Any Given Sunday (1999), World Trade Center (2008)
- Einsatz unterschiedlicher Filmformate und Kameras
- Manipulative Macht der Bilder
- Disparität von Bild und Ton - Platz für unterschiedliche Interpretationen des Tathergangs
- Gleichstellung der verschiedenen Verschwörungstheorien mit Warren Report - Myth und Countermyth
- Rede Eisenhowers als Anspielung auf aktuelle politische Zusammehänge - 02. Golfkrieg
- Politische Auswirkungen JFKs: 1992 - Assassination Materials Disclosure Act und President John F. Kennedy Assassination Records Collection Art
4.) JFK als Paranoia - Thriller
Visuell:
Montage:
- schnelle Schnitte/Image Bites vermitteln Orientierungslosigkeit, Chaos, Verwirrung, Entsetzen
- Verwirrung/Manipulation der Zuschauer durch Vermischung von originalem und fiktivem Bildmaterial
- Flashbacks schüren Zweifel, zeigen verschiedene Möglichkeiten der Verschwörung
- Fotos zwischen bewegten Bildern vermitteln (unter Umständen falsche) Authentizität
- Kollisionsmontage, um unsichtbare Schnitte zu vermeiden und stattdessen aufzuwühlen, schockieren, "Eisensteinian Potrait of Faces"
- metaphorische/symbolhafte Montage verweist auf Verschwörung
- dazwischengeschnittene Szenen aus dem Original-Zapruder-Film schockieren, wecken Zweifel an offizieller Story der Warren-Kommission
- "Movie unfolds as a mystery, layer by layer" --> Spannung und Paranoia
- nicht vorhandene zeitliche Kontinuität bei Spekulationen, Erinnerungen etc. verstärkt - Orientierungslosigkeit und Verwirrung
Kamera:
- schnelle, hektische Kamerafahrten/Zufahrten auf Charaktere wirken bedrohlich
- Orientierungslosigkeit/Durcheinander und Unwohlsein durch verwackeltes Bild der Handkamera
- Grobkörnige Rückblenden und unterschiedliche Bildqualitäten
- viele Detailaufnahmen, die nicht zuordenbar sind, schüren ebenfalls Unwohlsein und Verwirrung
- Extreme Total-/Panoramaeinstellungen --> Charaktere verlieren sich darin, Orientierungslosigkeit beim Zuschauer, bedrohliche "beobachtende" Perspektive
- Paranoide Räume durch Blickwinkel, der niemandem zugeordnet werden kann --> bedrohliche, undefinierte Perspektive
- Top Shots, z.T. mit strudelhaftem Runterfahrten --> Beklemmung, "sogartige" Wirkung
- Untersichten/Froschperspektiven lassen Charaktere übermächtig und gigantisch erscheinen.