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Der Faschismus: Definition und Entstehungsgeschichte

Der Begriff „Faschismus“ wird oftmals gleichgesetzt mit den politischen Verhältnissen im Dritten Reich. Das ist allerdings ein Irrtum.

Das Schimpfwort „Fascho“ scheint für manchen jugendlichen Linksextremen ebenso selbstverständlich zu sein wie eine bunte Frisur. Faschos, also Faschisten, sind demnach oftmals all jene, die linken, idealistischen Zielen anscheinend im Wege stehen. Dazu zählen neben Rechtsradikalen manchmal auch Unternehmer, bürgerliche Politiker und selbst spießige Normalbürger. Weniger bekannt ist allerdings die Tatsache, wie der Faschismus eigentlich entstand. Achtung: An dieser Stelle wird es für selbst ernannte Antifaschisten aus dem linken Spektrum ein wenig peinlich.
Der Faschismus: Definition und Entstehungsgeschichte
Der Faschismus: Definition und Entstehungsgeschichte

Die Entstehung des Faschismus

Es widerspricht dem allgemeinen Gedankengut und ist doch die reine Wahrheit. Der Faschismus war ursprünglich eine zutiefst linksextreme Strömung! Er basierte in seinen Anfängen unter anderem auf den Lehren von Karl Marx, war Teil der Arbeiterbewegung und zeigte personelle Schnittmengen mit sozialistischen Parteien.
Der Begriff Faschismus geht auf das italienische „fascio“ (Bund, Bündel) beziehungsweise seine Pluralform „fasci“ zurück. Die lateinische Entsprechung „fasces“ lässt sich sogar bis ins Römische Imperium zurückverfolgen, wo dieses Wort im Zusammenhang mit der Ausübung von Gewalt verwendet wurde.
Italien war auch Heimat und hauptsächliches Verbreitungsgebiet des eigentlichen Faschismus. Er entstand aus den Wirren des nationalen Einigungsprozesses Italiens im 19. Jahrhundert. Um 1870 schlossen sich in Italien Anarchisten, linke Klassenkämpfer und Revoluzzer zu zahlreichen „fasci“, also Bünden, zusammen. Sie kämpften gegen soziale und juristische Benachteiligung sowie gegen das als ungerecht empfundene Staatssystem an sich. Um das Jahr 1900 wurden diese links orientierten Gruppierungen verallgemeinernd unter dem Oberbegriff „Fascismo“ erwähnt. Doch bereits mit Beginn des Ersten Weltkrieges gab es auch Faschisten, die entgegen der sozialistischen Politik einen Kriegseintritt Italiens befürworteten.
 

Der Faschismus in Europa

Einer dieser Befürworter war ein gewisser Benito Mussolini, der spätere „Duce“ und Verbündete Hitlers. Er brach schließlich mit der sozialistischen Partei Italiens (PSI) und gründete 1919 einen Kampfbund und später die Partei PNF. Mit Unterstützung von Industrie, Militär und Behörden gelangte er 1922 an die Macht. Zu diesem Zeitpunkt war die faschistische Ideologie bereits klar antimarxistisch, antidemokratisch und antiliberal ausgerichtet.
Nicht nur in Italien gab es diese Tendenz, denn der Faschismus etablierte sich europaweit: Parteien, u. a. in Großbritannien und Frankreich, Kampfbünde wie die ungarischen Pfeilkreuzler, Rumäniens „Eiserne Garde“ oder die Cagoulards und die Feuerkreuzler Frankreichs, die Franco-Diktatur in Spanien sowie der Austrofaschismus. Auch die Niederlande, Portugal, Finnland und Belgien brachten entsprechende Gruppierungen hervor. Diese Bewegungen erwiesen sich länderspezifisch als sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einheitlich waren sie lediglich in ihrem militaristischen und nationalistischen Gedankengut sowie in der Feindschaft zu linken Ideologien.


Diese europaweite Entwicklung war eine Reaktion auf die Ergebnisse des Ersten Weltkrieges. Revanchismus oder Unzufriedenheit mit dem Versailler Vertrag (auf allen Seiten) befeuerten die nationalistischen Ideen. Außerdem war im Zuge der Russischen Revolution und des darauf folgenden Bürgerkrieges ein neues Feindbild entstanden: Die Sowjetunion, der erste sozialistische Staat der Welt.
 

Faschismus und Nationalsozialismus

Von Italiens Faschismus ließen sich auch die Nationalsozialisten in Deutschland inspirieren. Hitler galt bereits lange vor seinem Machtantritt als Bewunderer Mussolinis. Viele Symbole und Strukturen des Dritten Reiches übernahmen die Nazis sogar aus Italien: Den Hitlergruß, den Führerkult, die SA sowie die Verwendung eines historisch-nationalen Zeichens, im Falle Deutschlands das Hakenkreuz.
Allerdings war der deutsche Nationalsozialismus in seiner Ausprägung aggressiver, machtbewusster und konsequenter als der italienische Faschismus oder andere derartige Strömungen. Rassismus zum Beispiel spielte in Italien im Gegensatz zum Hitler-Reich eine untergeordnete Rolle. Eine Gleichsetzung des deutschen Nationalsozialismus mit dem Begriff Faschismus stellt daher eigentlich eine Verharmlosung dar. Darüber sollten jene einmal nachdenken, die so gern das Schimpfwort „Fascho“ benutzen.

Quellenauszug:
Brockhaus Wissenswelten
Bertelsmann Lexikon Geschichte, Gütersloh, 1996
Bassermann-Lexikon, Niedernhausen, 1991
Schreiber / Schreiber: Geheimbünde, Drei Ulmen Verlag, München, 1956 / 1983