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Der historische Roman des 20. Jahrhundert von 1933 bis 1945
Von Rosi
16.01.2024, 20.24 Uhr
Der historische Roman des 20. Jahrhundert von 1933 bis 1945
Der nationalsozialistische historische Roman
- z.B. Hans Friedrich Blunck: Die große Fahrt (1935)
- Weitere Autoren: Erwin Guido Kolbenheyer, Werner Beumelburg
- Der nationalsozialistische Roman wurde von der nationalistischen Literaturpropaganda als ein ideales Medium zur Verbreitung ihrer Ideologie und als Möglichkeit der Legitimation angesehen.
- Gründe: bildungsgeschichtliches Gütesiegel und die Beliebtheit der Gattung / Möglichkeit durch die Schilderung der Vergangenheit von der Gegenwart abzulenken / Die breite literarische Vorgeschichte der Gattung
Charakteristika und Merkmale des nationalsozialistischen historischen Romans
- Er entspricht dem traditionellen illusionistischen Romantypus; Hiatus zwischen Historie und Fiktion soll verschleiert werden
- Er greift zur Erzeugung suggestiver Geschichtsbilder auf naturalistische Darstellungsweisen zurück.
- Er dient nicht der Ausbildung eines historischen Bewusstseins, sonder der Manipulation der Leser für die politischen Ziele der Gegenwart
- Die Figuren sind als Typen angelegt; es dominiert der positive, heroische Protagonist
- Die geschichtlichen Kräfte werden polarisiert
- Feinbilder bestimmen die Konfliktdarstellung
- Das Leben wird als fortwährende Notstandssituation definiert, in der man kämpfen muss um nicht unterzugehen
- Am geschichtlichen Wandel interessieren nur "ewige Werte"
- Die Realität wird mythisch überhöht und trotzdem als real ausgewiesen
- Die Erzählhaltung ist auktorial mit autoritärem Anspruch
- Bevorzugt wird ein pathetischer, pseudoreligiöser Sprachstil
Der historsiche nationalsozialsozialistische Roman ist jedoch kein einheitliches Gebilde, da sich in ihm die Wandlungen und Widersprüche der nationalsozialistischen Ideologie spiegeln.
Nicht immer ist ein historischer Roman auch eindeutig als nationalsozialistisch zu erkennen.
Der historische Roman der 'Inneren Emigration'
- z.B. Werner Bergengruen: Der Großtyrann und das Gericht (1935)
- Jochen Klepper: Der Vater (1937)
- Ernst Jünger: Auf den Marmorklippen (1939)
- Der Befriff der 'Inneren Emigration' ist kritisierbar.
- Nicht alle Autoren der 'Inneren Emigration' schrieben Romane abseits der herrschenden Ideologie und gegen den Faschismus. Manche Elemente nationalsozialistischer historischer Romane können auch hier auftauchen z.B. ein organisches Geschichtsbild, ein nicht-demokratisches Gesellschafts- und Ordnungsideal, die Verherrlichung der hierarchischen Macht, der soldatischen Haltung und des Führungsanspruchs, Obrigkeitsdenken, autoritäres Erzählen etc.
Der historische Roman des Exils
- Autoren: Thomas und Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht, Alfred Döblin
- Die Entscheidung Deutschland zu verlassen und ins Exil zu gehen war eine politisch motivierte Entscheidung und dokumentierte die Unvereinbarkeit des Weiterlebens- und arbeitens der Autoren mit der nationalsozialistischen Herrschaftspraxis.
- Das literarische Exil bildete keine einheitliche Gruppe, weder im politisch-ideologischen noch im literarisch-programmatischen Sinn.
- Gemeinsamkeit: Bewusstsein gegen den Nationalsozialismus öffentlich Stellung beziehen zu müssen
- Aufgabe ihres literarischen Schaffens: Einsicht in die gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen des Nationalsozialismus zu geben, literarische Strategien zu seiner Bekämpfung zu entwickeln, eine nachfaschistische demokratische Neuordnung Deutschlands zu konzipieren.
- Zielpublikum: hauptsächlich das außerdeutsche Lesepublikum >>> Übersetzung notwendig
- Die Verbreitung und Rezeption im Ausland war zudem wichtig, da die Autoren nur so ihre Funktion aufklärend und warnend auf die öffentliche Meinung einzuwirken, erfüllen konnten
- Viele Autoren sahen im Roman die geeignete Darstellungsform um sich in der Situation des Exils ihres politischen und gesellschaftlichen Standorts im Medium der Literatur zu versichern und die historische Krisenlage literarisch objektiv zu gestalten
- Zudem entsprach die Romanform den Lesegewohnheiten und -erwartungen des Publikums am Besten
- Der historische Roman war die am meisten veröffentlichte aber auch am meisten umstrittene Romangattung
- Vorwurf der Flucht vor den Problemen der Gegenwart, des Rückzugs ins Unverbindliche, der Kapitulation vor dem Gegner
- Die Wahl des historischen Stoffes bot jedoch auch die Möglichkeit, die antifaschistische Tendenz ins historische Material einzuarbeiten. So konnte z.B. der geschichtliche Stoff als Analogie zur Gegenwart gestaltet und diese im historischen Modell kritisch analysiert und satirisch entlarvt werden.
- Döblin verteidigte die Hinwendung der Exilautoren zum historischen Roman.
- Erkennbar ist eine zunehmende Subjektivierung im Gebrauch des historischen Materials und eine ständige Auseinandersetzung mit der Gegenwart im Medium der Geschichtsschreibung. Dabei erweist sich der historische Rückblick als Ausschau nach glaubwürdigen Autoritäten während die Vergegenwärtigung geschichtlichen Handelns das gegenwärtige Bewusstsein spiegelt, eigentlich zur Handlungslosigkeit gezwungen zu sein.