Kino & Fernsehen
Ein indischer James Bond: „Mission Liebe – Ek Tha Tiger“ (DVD)
Wer ein bisschen ermüdet ist von James-Bond-Filmen, in denen der Held sich nicht nur mit Feinden, sondern auch mit der eigenen Schwäche und einem Ödipuskomplex herumschlagen muss, dem dürfte der unterhaltsame und kurzweilige Agenten-Film „Mission Liebe – Ek tha Tiger“ (2012) aus Indien gefallen. Hier existiert der Feind nur außerhalb der eigenen Person. Es ist manchmal einfach schön, dass Freud in Asien nicht so sehr zum beliebten Allgemeingut gehört. Das Ganze ist eine Produktion des Ende 2012 verstorbenen Yash Chopra, die Story ist von seinem Sohn Aditya und Regie führte der ehemalige Dokumentarfilmer Kabir Khan, dessen vorherige Bollywood-Filme schon politische Inhalte hatten.
Herz vs. Verstand
Hier gibt es also statt schwitzender Realismus-Action lockere Bigger-Than-Life-Action. Da kann der Held schon mal aus dem dritten Stock springen, ohne sich den Knöchel zu verknacksen.
Der Konflikt, um den es hier geht, ist der zwischen Indien und Pakistan. Da wird nach vier realen ein verdeckter Krieg der Geheimdienste – wie auch in Wirklichkeit – jeden Tag 24h lang geführt. „Ich bringe deine Agenten um, und du bringst meine Agenten um“, das ist das Spiel, in dem auch der unbestechliche und unbesiegbare Superagent „Tiger“, gespielt von Superstar Salman Khan, sehr erfolgreich mitwirkt.
Doch bei seinem neuesten Einsatz kommt ihm die Liebe in Gestalt von Katrina Kaif dazwischen. Das hatte der Mann ohne Privatleben, ohne vernünftige Möbel und ohne Bilder an den Wänden seiner Wohnung nicht eingeplant. Wenn du dein Herz benutzt, bist du tot, so ist es ihm von seinen Geheimdienst-Vorgesetzten eingeschärft worden. Liebe vs. Verstand, darum geht es hier, und das ist eines der Lieblingsthemen von Produzent Yash Chopra, der noch in einem seiner letzten Interviews jungen Filmemachern den Rat gab, ihrem Herzen zu folgen.
Die Wende kommt spätestens an dem Punkt, als „Tiger“ über seinen Beruf sinniert und kopfschüttelnd feststellt, dass das doch kein Leben und „Tiger schließlich ein Hundename sei. Die schöne Moral des Films lautet: Weg von all der wirren Politilk, die von Verstandesmenschen ohne Herz geführt wird, und Rückzug ins Privatleben.
Dann entwickelt sich der Film zum Anti-Geheimdienst-Film, wie so viele dieser Filme, wo der Agent aussteigen will, man ihn aber nicht lässt. Die Angst, er könnte etwas verraten, ist einfach zu groß in einem Geschäft, in dem Paranoia Grundvoraussetzung ist. Patriotisch ist dieser indische Film auf jeden Fall nur begrenzt: Auch indische Agenten schießen mit scharfer Munition auf abtrünnige, alte Freunde, wenn diese nicht mehr funktionieren wollen, und sei es auch gemeinsam mit dem pakistanischen Feind ist. Denn in der Mitte des Films bekommt der Film noch eine unvorhergesehene Wendung.
Weltmusik
Der Film führt den Zuschauer einmal rund um die Welt: Nordirak, Dublin, Istanbul und Kuba. Die Dubliner übrigens müssen ihre Hauptstadt sehr lieben, dass sie sich sogar freuen, wenn sie auf der großen internationalen Leinwand zertrümmert wird. Das sieht jedenfalls auf den ersten Blick nach großzügigen Drehgenehmigungen aus.
Dazu passend sind die Lieder des Films nett anzuhören, d.h. rhythmisch, tanzbar und auch ein bisschen melodiös. Und passend zum internationalen Flair des Films sind sie ein weiteres Beispiel für Weltmusik à la Bollywood. Da wird ganz locker sowohl mit irischen als auch mit karibischen Klängen gearbeitet.