Entschlüsselt: Gruscheln und Gegruschelt
Entschlüsselt: Gruscheln und Gegruschelt
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Du wurdest gegruschelt!

Entschlüsselt: Gruscheln und Gegruschelt

Heute schon gegruschelt? Oder gegruschelt worden? Oder sogar zurückgegruschelt? Gruscheln ist ein absolutes Phänomen. Fast alle tun es, aber nicht alle wissen ganz genau, was es ist oder bedeutet. Geht das überhaupt? Ja natürlich, einfach den Button drücken und fertig. Eigentlich gibt es zum Thema Gruscheln drei Lager: Die einen, die es ganz selbstverständlich jeden Tag machen, die zweiten, die es komplett ignorieren und schließlich die, die nicht so genau wissen, worum es geht.

Entschlüsselt: Gruscheln und Gegruschelt

Wo kann man überhaupt Gruscheln? Gegruschelt wird auf den bekannten Seiten der VZ-Netzwerke, also SchülerVZ, StudiVZ und MeinVZ. Das Wort Gruscheln geistert seit etwa Frühjahr 2006 durch den deutschen Sprachraum und wird seither auch im Internet diskutiert. Anfangs sorgte Gruscheln noch für viel Aufregung in den Medien, da es eine neue Wortschöpfung war. Inzwischen ist es, zumindest für die VZ-User längst in den Alltag übergegangen. Mit dem Wort Gruscheln wurde von den VZ-Machern ein Neologismus durch ein so genanntes Kofferwort gebildet. Ein Kofferwort entsteht, wenn zwei Worte zu einem neuen Begriff mit eigenem Inhalt verknüpft werden (z.B. Teuro aus teuer + Euro, Brunch aus Breakfast + Lunch). Gruscheln wurde von den VZ-Betreibern sogar als Wortmarke geschützt. Da Gruscheln von den Betreibern nicht offiziell definiert wurde, rätseln die User seit 2006, woher das Wort kommen könnte. Auf vielen Seiten im Internet haben sich User den Kopf darüber zerbrochen und heiß debattiert. Geht man nach er Mehrheit der Definitionen, dann sei Gruscheln ein Mix aus Grüßen und Kuscheln. Oder doch aus Grübeln und Nuscheln? Also eigentlich ist es ja egal, aber das mit dem Grüßen und Kuscheln klingt doch am romantischsten. Nichts zu tun hat Gruscheln dagegen mit dem im süddeutschen Raum gebräuchlichen 'gruschteln' oder 'gruscheln' für rumstöbern, umherräumen, rumkramen. Eine solche Funktion wie das Gruscheln stammt ursprünglich aus den zahlreichen Flirtcommunities im Netz. Schließlich wurde es auch von Facebook angeboten, dort unter der Bezeichnung „poke“, was soviel bedeutet wie anschubsen oder anstoßen. Und bei den VZ ist es eben Gruscheln - es dient dem reinen Erheischen von Aufmerksamkeit, ein virtuelles Ansprechen sozusagen. Gleichzeitig kann es als eine Art Memo genutzt werden. Denn ob und wann eine gegruschelte Person reagiert, bleibt ihr überlassen. Auch bei Instant Messaging wie ICQ – wo es das Adden gibt – oder bei Windows Live Messenger oder Skype ist es ja nicht erforderlich, auf eine Ansprache überhaupt zu reagieren. Dies gilt auch für Social Networks wie MySpace, Hi5, Bebo (U.K.). Dennoch ist Gruscheln eine Funktion, die eben eine Interaktivität im Sinne von Web 2.0 ermöglicht. Mal ganz unromantisch und sachlich formuliert ist gruscheln nichts anderes als eine Kontaktaufnahme. Oje, was für ein langweiliges Wort. Na ja, die Erklärung ist ja auch nicht 100 Prozent richtig. Kontakt nehme ich auch zu meinem Zahnarzt auf, wenn ich nen Termin brauche. Oder zum Finanzamt, wenn die Steuererklärung später fertig wird. Das ist auch total unromantisch. Gruscheln dagegen hat eigentlich einen romantisch-emotionalen Kern. Schwierig wird es, wenn Gegruschelte nicht wissen, was das bedeutet und was sie damit anfangen sollen, dass sie gegruschelt wurden. Und klar ist auch, dass neue User erstmal zurückschrecken. Was passiert denn, wenn ich jemanden gruschle? Doch nicht irgendwas schlimmes, oder? Nein, bestimmt nicht. Das schlimmste, was passieren kann, ist, dass man ignoriert wird. Hmm, das ist vielleicht nicht schön, aber auch nicht wirklich schlimm. Das Leben geht ja weiter. Für Neu-Gruschler ist es immer noch am besten, wenn man mit seiner besten Freundin oder dem bestem Freund ausmacht, sich gegenseitig zu gruscheln. Und dann zu schauen, was passiert. Also, was passiert denn? Nichts. Eben. Es passiert nur etwas, wenn die oder der Angegruschelte auch reagiert. Gruscheln – also dieses Gruscheln ist doch völlig unnötig, behaupten einige: Habe ich noch nie benutzt. Es gibt User, die gerne gruscheln und solche, die es ablehnen. Geschmäcker sind eben verschieden. Ebenso wie die Reaktionen auf das Gegruschelt werden. Als männlicher Unbekannter fremde Frauen zu gruscheln muss aber nicht zwangsläufig zu Zuspruch führen - der Nutzer kann schnell auf die Block-Liste der betroffenen Person landen. Und was ganz wichtig ist in der Fortsetzung eines Kontaktes: Gruscheln auf blöd geht gar nicht, denn das ist eben genau genommen kein Gruscheln, sondern nur einen schlechte Anmache. Zu Anfangszeiten wurde die Funktion öfter mal missbraucht, doch inzwischen beweisen die meisten Mitglieder ausreichend soziale Kompetenz, um damit respektvoll umzugehen. Am besten ist das Gruscheln also einzusetzen als eine kleine Aufmerksamkeit. Wie eine Türe aufzuhalten oder eine Rose zu schenken. Diese Gesten sind genau genommen auch irgendwie überflüssig. Aber sie bereichern das Leben ungemein. Entsprechend heißt es, auf Kommunikations-Kurs zu gehen. Denn genau dazu sind die VZ ja da. Kommunikation ja, aber eben auch ohne unangenehm aufzufallen - der gesunde Menschenverstand sollte hier das richtige Maß bestimmen.