Kino & Fernsehen
Film, Familie und Freunde: „Bruce Lee – Die Legende des Drachen“ (DVD)
Was so in den Köpfen der Verantwortlichen der DVD-Vertriebe vor sich geht, fragt man sich manchmal. Der deutsche Titel „Bruce Lee – Die Legende des Drachen“ zieht jedenfalls das falsche Publikum an, denn hier handelt es sich um keinen Martial-Arts-Film. Erzählt wird hier von der Zeit, als Bruce Lee eben noch nicht die Kung-Fu-Legende war, die heute jeder zumindest dem Namen nach kennt. Auf Englisch heißt der Film „Bruce Lee – My Brother“ und das trifft es dann eher, denn erzählt wird alles von seinen Geschwistern und zwei sind sogar zu Anfang im Bild zu sehen. Die Kindheit und Jugend von Bruce Lee wird hier präsentiert, die Zeit, bevor sein Vater ihn wegen seiner Auseinandersetzungen auf der Straße nach Amerika schickte, wo er einige Rollen in Hollywood hatte, aber es nicht ganz nach oben schaffte, und die Hauptrolle in der Serie „Kung Fu“ wurde dann ja auch mit David Carradine besetzt.
Ein nostalgischer Familienfilm
Vor allem ist es eine Familiengeschichte. Alles beginnt mit der Geburt des kleinen Bruce Lee in San Francisco, als sein Vater, der Schauspieler, sich mit seiner Frau dort aufhält wegen der Tournee einer Truppe für chinesische Oper. Es ist ein bisschen ein Film, wie sie in den 50ern in Hongkong gedreht wurden: Filme über die einfachen Leute, Familiengeschichten, die sich um die Autorität des Vaters drehten. Das sind Erinnerungen an die alten Großfamilienzeiten, wo die Freunde ein- und ausgehen und immer etwas los ist.
Dann ist es gleichzeitig aber auch ein Film über das alte kantonesische Kino Hongkongs mit seinen Melodramen und Kung-Fu-Filmen, die noch weit entfernt waren von der Perfektion späterer Zeiten. Die Szenen in den Studios und die alten Stars, die hier wieder zum Leben erweckt werden, und teilweise auch die Lee-Familie zu Hause besuchen, gehören zum Amüsantesten des Films. Man darf nicht vergessen, dass Bruce Lee, dessen Künstlername ja „Kleiner Drache“ bedeutete, schon ein Kinderstar war. Das ist ein Stück Filmgeschichte, die hier im Westen ziemlich unbekannt ist.
Und nicht zuletzt ist es ein Jugendfilm, wo Freunde sich treffen, wo Rock'n'Roll getanzt wird, wo man sich grundlos prügelt und sich unglücklich verliebt. Da gibt es dann auch den ersten westlichen Kämpfer, der, nachdem er sich zweimal von Bruce Lee hat zusammenschlagen lassen, mächtig beeindruckt ist, und von ihm lernen will. In den USA wird es noch andere solcher Kung-Fu-Jünger geben. Schließlich geht Bruce Lee in seinem Draufgängertum zu weit und legt sich mit Gangstern an, weshalb er nach Amerika muss.
Aber eigentlich wirkt nichts wirklich ernst und existentiell in diesem Film, alles ist im Grunde nur halb so schlimm in den leuchtenden Pastellfarben der Nostalgie. Und eigentlich passt das auch, denn verfilmt wurde hier schließlich die verklärte Erinnerung von Geschwistern an die Jugendzeit mit einem geliebten Bruder, der so jung und überraschen gestorben ist und den sie immer noch vermissen.