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Creditreform statt Schufa sorgt für überraschende Ablehnungen

Kredit aufnehmen und kurz darauf den Stromanbieter wechseln - keine gute Idee

Es gibt Dinge, welchjene Menschen nicht gleichzeitig oder in zu kurzen Zeitabständen tun sollen. Alkohol trinken und Autofahren gehört ohne Zweifel hierzu, je nach Religion auch der gleichzeitige Verzehr von Fleisch und Milch. Weniger bewusst ist den meisten Verbrauchern, dass auch die Aufnahme eines höheren Kredites und der zeitnahe Wechsel des Stromanbieters zu Komplikationen führen kann.

Die Lösung liegt bei der verwendeten Wirtschaftsauskunft
Außerhalb des Grundversorgungstarifes ist die Genehmigung zum Einholen einer Schufa-Auskunft für den Abschluss eines Stromvertrages erforderlich. Die entsprechende Schufa-Klausel enthält eine von den meisten VerbraucherInnen überlesene kleine Ergänzung: Dort steht, dass der Stromversorger eine Anfrage bei der Schufa oder einer anderen Auskunftei stellen kann. Und genau hierin liegt der Grund für die mögliche Ablehnung eines Stromlieferantrages trotz guter Schufa. Die einfache Auskunft der Creditreform ist deutlich günstiger als die Antwort auf eine Schufa-Anfrage zu erhalten. Dafür enthält sie in ihrer einfachsten und von Energieversorgern bevorzugt genutzten Form keinerlei exakte Informationen über finanzielle Verfehlungen, sondern schlicht einen wahrscheinlichen Forderungsausfallswert. Dieser wird in der Form einer Ampel angezeigt und ist prinzipiell mit dem Score-Wert der Schufa vergleichbar (auch hinsichtlich der weitgehenden Undurchsichtigkeit seiner Entstehung). Nur – ein schwacher Score-Wert der Schufa führt in Verbindung mit keinerlei vorliegendem Negativeintrag nicht zur Ablehnung des Stromlieferauftrages. Sollte der Versorger also tatsächlich eine Schufa-Anfrage stellen und keine Creditreform-Auskunft einholen, erfolgt die Aufnahme der Lieferung. Bei einer Nutzung von Creditreform als Auskunftei für den Abschluss von Stromlieferverträgen mit Neukunden sieht die Sache anders aus: Der den Antrag bearbeitende Stromrat  hat nur den Ampelwert der Auskunftei und weiß nicht, wodurch dieser zustande gekommen ist. Da die Creditreform eine Kreditaufnahme innerhalb der vergangenen sechs Monate als Indiz für ein erhöhtes Ausfallrisiko wertet, passiert es recht häufig, dass Stromverträge aus Bonitätsgründen abgelehnt werden, obgleich der verhinderte Stromkunde keinen einzigen Negativeintrag bei der Schufa aufweist und seinen finanziellen Verpflichtungen immer ordnungsgemäß nachgekommen ist. Der einzige Grund für die Ablehnung besteht darin, dass Creditreform seine Bonität herunterstuft, da er vor wenigen Monaten einen Kredit aufgenommen hat.

Wie lässt sich der Stromanbieter trotz kürzlich aufgenommenen Darlehens wechseln?
Die Streichung des Zusatzes "oder eine andere Auskunftei" im Bestellformular für den Strom ist keine Lösung. Diese müsste der Stromversorger zwar beachten und dürfte die Anfrage somit tatsächlich nur bei der Schufa vornehmen, nur wird er diese Streichung eher zum Anlass nehmen, den Lieferwunsch ohne weitere Prüfung abzulehnen. Wirkungsvoller ist die Beauftragung zur Stromlieferung im Anschluss an eine massive Werbekampagne des gewünschten neuen Lieferanten. Diese führt regelmäßig dazu, dass die eingehenden Lieferaufträge nur mit Mühe zeitgerecht zu bearbeiten sind, so dass einige Schritte wie das Einholen einer Bonitätsauskunft ganz entfallen oder zumindest auf Stichproben eingegrenzt werden. Wenn Haushalte nicht im Vollsinn den Anbieter wechseln, sondern lediglich einen Sondervertrag beim bisherigen Lieferanten abschließen wollen, ersetzt normalerweise die interne Bonitätsprüfung die externe Auskunft. Die interne Bonitätsauskunft ist strenger als die externe Anfrage nach der Bonität eines Stromkunden, da sie jeden einzelnen verspätet gezahlten Abschlag offenlegt; externe Daten wie einen kürzlich aufgenommenen Kredit oder auch finanzielle Verfehlungen gegenüber Dritten entdeckt sie aber nicht.

Was ist die beste Lösung?
Die einfachste Lösung ist, erst den Stromanbieter zu wechseln und dann den Kredit aufzunehmen oder nach der Kreditaufnahme sechs Monate zu warten. Ein Kredit ohne Schufa aus der Schweiz ist als Alternative denkbar, da auch Creditreform über dessen Abschluss nicht informiert wird. Andererseits sind die Zinsen dafür so hoch, dass die Einsparung durch den Anbieterwechsel wieder aufgehoben wird. Denkbar ist auch, dass die Kreditaufnahme durch eine andere Person als der Abschluss des Stromliefervertrages erfolgt. Hierbei ist dann eine weitere Besonderheit zu beachten: Wenn der Stromvertrag beim neuen Anbieter auf einen anderen Namen als der bisherige Stromvertrag lautet, ist (außer bei Eheleuten mit gleichem Nachnamen) in jedem Fall "Neubezug" (nicht Anbieterwechsel) als Grund für den Vertragsabschluss anzugeben, da es sonst zu Komplikationen mit dem Netzbetreiber kommt. Dabei ist es unerheblich, wie lange der Neukunde bereits in der zu versorgenden Wohnung lebt, denn beim Stromvertrag kommt es auf die Eigenschaft als Vertragspartner und nicht auf das tatsächliche Leben in einer Wohnung an.