Formelle Fehler bei Kündigung durch einen Stellvertreter
Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch einen Bevollmächtigten
Soweit ein Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber selbst gekündigt wird, stellen sich keine Probleme im Zusammenhang mit der Vollmacht des Kündigenden.
Einfach ist es außerdem dann, wenn derjenige der kündigt, gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person, etwa der Geschäftsführer der GmbH ist. Diese Vertretungsmacht ist dann im Handelsregister eingetragen und muss - auch wenn kein "normaler Mensch dort nachliest" - von jedem als bekannt anerkannt werden. Wenn aber durch einen Bevollmächtigten gekündigt wird, kann etwas zu Lasten des Arbeitgebers und zu Gunsten des Arbeitnehmers schiefgehen. Dazu muss der Empfänger der Willenserklärung aber etwas tun und sich eines "Tricks" bedienen.
Ohne Vollmachtsvorlage kann Kündigung unwirksam sein
Der große soziale Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist bekannt. Weniger bekannt ist das formelle Problem, das im Zusammenhang mit einer Kündigung durch einen Stellvertreter passieren kann. Der Trick, den manche Anwälte dabei anwenden, versteckt sich unscheinbar in einer Vorschrift im allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Nach § 174 BGB kann nämlich eine einseitige Willenserklärung (dazu gehört die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses) durch den Empfänger der Kündigung zurückgewiesen werden, wenn keine Vollmacht im Original vorgelegt wird. Das wird häufig vergessen.
Die Kündigung, die zurückgewiesen wird, ist unwirksam, egal ob sie vielleicht vor dem Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes Bestand gehabt hätte oder nicht. Es steht zwar zu erwarten, dass der Arbeitgeber, zumindest wenn er anwaltlich vertreten ist, erneut und dieses Mal mit Originalvollmacht kündigen wird. Einige Tage oder Wochen können aber den eventuellen Endtermin um einen ganzen Monat herausschieben.
Als "Strohhalm" von Seiten des Arbeitgebers wird häufig vorgetragen werden, dass die Bevollmächtigung des Kündigenden bekannt gewesen sei. Das lässt sich aber meistens nicht nachweisen und das Bundesarbeitsgericht sagt außerdem, dass derjenige, der den Arbeitsvertrag unterschrieben hat, nicht automatisch auch für den Arbeitnehmer erkennbar zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt ist.
Die Zurückweisung muss unverzüglich geschehen
Aber auch der betroffene Arbeitnehmer kann, wenn er sich dieses Tricks bedienen will, Fehler machen. Die Zurückweisung muss unverzüglich geschehen. Bei den Juristen bedeutet "unverzüglich" ohne schuldhaftes Zögern, was auch nicht viel weiterhilft. In einer Entscheidung vom 08. Dezember 2011 hat nun das Bundesarbeitsgericht (Az: 6 AZR 351/10) festgehalten, dass im Regelfall später als eine Woche nach Zugang der Kündigung nicht mehr als unverzüglich anzusehen ist, wenn es nicht besondere Umstände gibt.
Wer also eine Kündigung durch einen Stellvertreter ohne schriftliche Originalvollmacht erhält, muss schnell handeln, will er den Weg über § 174 BGB gehen.
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Dieser Artikel gibt die Meinung des Autors zur Rechtslage zur Zeit der Abfassung wieder. Er kann und will nicht die Beratung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt im Einzelfall ersetzen.