Leseprobe Gesprengte Fesseln
Leseprobe Gesprengte Fesseln
GabrieleRemscheid

Erfolgreicher Ausbruch aus häuslicher Gewalt

Leseprobe Gesprengte Fesseln

Über die Autorin Gabriele Remscheid, Jahrgang 1964, geboren in Köln, lebt mit ihrem Mann am Niederrhein. Wer die Autorin näher kennt, beschreibt sie als verletzlich, sensibel. Ihre große Klappe hilft über Unsicherheiten hinweg. Sie schreibt seit über zwanzig Jahren. Ihr erstes Buch „Gesprengte Fesseln“ ist der Weg, die Vergangenheit zu bewältigen. Gabriele nutzte das Schreiben, brachte Gegebenheiten, Gedanken und Gefühle zu Papier. Gabriele Remscheid Gesprengte Fesseln Erfolgreicher Ausbruch Aus häuslicher Gewalt Leseprobe Seit 20. Oktober 2009 In Ihrer Buchhandlung Oder bei Amazon oder Libri bestellen Drei Kinder wollen essen, brauchen eine ausgeglichene Mutter. Die war ich in dieser Zeit nicht. Viel zu oft dachte ich an Selbstmord, das kleinste Geräusch ließ mich zusammen zucken. Auf die Straße ging ich nur noch zum einkaufen. Mit den Kindern zum Spielplatz traute ich mich nicht mehr, wer weiß welche Strafe mich dann erwartet hätte. Da Kurt nach wie vor nicht bereit war, mir die Unterlagen für das Sozialamt aus zu füllen, kam was kommen musste, es war kein Geld mehr da. Anstatt jetzt endlich zum Amt zu gehen, rief Kurt seine Schwester an, log ihr etwas vor und bekam von ihr Geld geliehen. Was sie nicht wusste, dass die Kinder und ich davon nicht einen Pfennig sehen würden. Voller Angst und Zweifel machte ich mich auf den Weg, ich hatte keine vollständigen Unterlagen, auch keine Hoffnung auf Hilfe, trotzdem, ich musste es versuchen, um der Kinder Willen. Und endlich schien mir das Glück hold zu sein. Die Sachbearbeiterin vom letzten Mal war nicht anwesend, ich musste zu einem Herrn. Diesmal war ich offen und legte ihm meine Probleme dar. Erwartungsgemäß sagte er, dass er mir nicht helfen könnte. Ohne einen vollständigen Antrag konnte er mir keine Hilfe bewilligen. Ich konnte nicht mehr, brach vor ihm zusammen, bekam einen Weinkrampf. Die Kinder waren so erschrocken, dass sie in mein Weinen einfielen. Er sah hilflos zu, griff zum Telefon und nach einigen Minuten war es doch möglich uns zu helfen. Er bewilligte uns die Miete und den Unterhalt für die Kinder. Für mich konnte er nichts tun. Er gab mir den Rat >>wenden Sie sich ans Jugendamt, die werden Ihnen Unterhaltsvorschuss zahlen, den sie von Ihrem Mann zurück fordern werden<<. Ich war so erleichtert das ich ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre. Nur meine Scham und Angst hielten mich zurück. Auf dem Heimweg begegneten wir Arnold, zuletzt hatte ich ihn am Abend des Grillfestes gesehen. Er sah mich prüfend an und stellte fest >> Du bist nicht glücklich geworden? Es hat mich sehr überrascht, nein geschockt, als ich hörte das Du mit Kurt zusammen bist. Wir können uns doch mal treffen, ohne die Kinder und reden? >> Bitter lachte ich auf >>Wie soll dies denn gehen, Kurt lässt mich nicht allein aus dem Haus. Schon, dass ich hier stehe und mit Dir rede ist ein Verbrechen. Wenn er dies erfährt wird er mich wieder einmal zur Rechenschaft ziehen. >> Er sah mich nachdenklich an, und sagte >> Wenn ich es schaffe Kurt tagsüber aus dem Haus zu lotsen, wirst du dich dann mit mir treffen? << Leichtsinnig wie ich war sagte ich zu. Nie im Traum wagte ich zu hoffen, dass er dies schaffen könnte. Arnold stand zu seinem Wort, schon am nächsten Tag klingelte er bei uns >> Hallo Gabi, ist Kurt zuhause? Ich müsste dringend mit ihm reden.>> Entsetzt und flehend sah ich ihn an, doch er schüttelte beruhigend den Kopf. >> Kurt ist im Wohnzimmer, da vorne die zweite Tür auf der linken Seite, << ich wandte mich ab und ging in die Küche. Was die Männer besprachen habe ich nie erfahren, doch schon am folgenden Montag begann Kurt einen Aushilfsjob als Anstreicher. Der Montag kam, Kurt ging zur Arbeit, zwar murrend und schlecht gelaunt aber er ging. Arnold bestand selbstverständlich darauf, dass ich meine Zusage ein hielt. Ich bat Dirk >> Kannst Du bitte mal ein paar Minuten auf Deine Schwester aufpassen, ich muss ganz kurz etwas erledigen und bin sofort wieder da. << Dirk nickte. Alex hatte ich versorgt und ins Bett gelegt. Ich ging ins Nachbarhaus und klingelte bei Arnold. Er öffnete mir und zog mich in die Wohnung. Er nahm mich in die Arme und streichelte mich. Er freute sich sichtlich, dass ich da war. Ich genoss dieses Gefühl, endlich mal jemand der mir Wärme gab. Arnold reichte dies nicht, er wollte mehr. Seine Hände und Lippen schienen überall zu sein. Er flüsterte mir lauter heiße Sachen ins Ohr und ich begann begehren zu fühlen, wollte Sex mit ihm. Es war eine schöne und heftige Stunde. Nach endlos langer Zeit hatte ich mal wieder Lust verspürt. Wir trafen uns in den folgenden Wochen häufig, jedes Mal hatten wir Sex. Es war nie eintönig. Mal sanft und zärtlich, mal heftig und wild. Diese Treffen waren überschattet von meiner Angst vor Entdeckung. Das hätten wir beide nicht überlebt, Kurt hätte uns beide umgebracht. Trotz dieser Gefahr konnte ich auf diese Treffen nicht verzichten, fieberte ihnen entgegen. Kurt arbeitete und dadurch trank er weniger, war ruhiger. Ich wollte einen völligen Neubeginn, begann den Wohnungsmarkt zu studieren. Bald hatte ich gefunden, was ich suchte, eine schöne große und bezahlbare Wohnung mitten im Grünen. Ein Besichtungstermin war schnell vereinbart und ich fuhr mit den Kindern hin. Die Wohnung und das Konzept des Wohnparks überzeugten mich. Es gab Spielplätze, jeder Häuserblock hatte einen Partykeller, Tennisplätze und ein Schwimmbad mit Sauna. Dies alles zu einem bezahlbaren Preis. Ich überlegte und zögerte nicht lange, unterschrieb den Mietvertrag. >> Ihr Mann kann später unterschreiben, das ist nicht so wichtig. << Dankbar sah ich den Verwalter an und überlegte kurzzeitig >> muss Kurt überhaupt unterschreiben, wenn nicht wäre es meine Wohnung und ich kann ihn jederzeit raussetzen? << Doch dazu fehlte mir sowieso der Mut. Glücklich, aber auch traurig fuhr ich nach Hause, der Umzug würde ein Ende der Treffen mit Arnold bedeuten, ich vermisste diese Treffen jetzt schon. Zum Glück reagierte er verständnisvoll, wir schliefen ein letztes Mal zusammen, dann haben wir uns nie wieder gesehen. Mein Antrag auf Übernahme der neuen Miete, Kaution und Umzugskosten wurde vom Amt ohne Probleme bewilligt. Ich bekam eine Adresse von einer Gruppe Arbeitsloser die eine Initiative gegründet hatten. Sie würden den kompletten Transport erledigen und vom Sozialamt bezahlt werden. Ich begann unsere Sachen zu packen, Kurt half zwar nicht, sagte aber auch nichts. Ich konnte ihn nicht einschätzen, hatte Angst, wusste nicht was er ausbrütet. Bei allem was ich tat versuchte ich mich so unsichtbar wie möglich zu machen. Die ganzen drei Monate verhielt er sich friedlich, ließ mich in Ruhe. Dass ich nachts für seine Bedürfnisse da sein musste war Alltag, das erwähne ich nicht mehr. Drei bis viermal die Woche musste ich meinen Pflichten nach kommen. Ich hatte gelernt aus meinem Körper aus zu steigen, nicht mehr anwesend zu sein. Es war nur eine Hülle die er zu seiner Befriedigung benutzen konnte. Meine leise Hoffnung dass er nicht mit ziehen würde, erfüllte sich nicht. So leicht gab er sein bequemes Leben nicht auf. Die Männer von der Initiative kamen, ich zeigte ihnen was alles mit muss, dann nahm ich die Kinder und fuhr mit ihnen vor in unser neues Heim. Ich lüftete und wischte noch mal durch, dann blieb erst mal nichts als warten. Dann endlich am frühen Nachmittag stand der Wagen vor der Tür. Die Männer waren fleißig, sie bemühten sich nach meinen Vorgaben zu arbeiten und bauten einen Teil der Möbel direkt auf. Gegen 17 Uhr stand alles an seinem Platz und ich konnte beginnen aus zu packen. In den nächsten Wochen kam ich nicht zum nachdenken, zu viel musste erledigt werden, von Kurt hatte ich keine Hilfe zu erwarten, hatte auch nicht damit gerechnet. Es verging kaum ein Abend an dem er sich nicht seine Rechte nahm. Ich bekam dies nicht mehr mit, ging dann auf Reisen. Ans Meer, in die Sonne und Wärme. Dieses weg träumen klappte immer besser, je länger ich es übte. Dies war wohl der einzige Grund warum ich überlebte, ich erlebte es nicht mehr, war abwesend. Als ich nach ein paar Wochen zur Ruhe kam, merkte ich, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich hatte Unterleibsschmerzen, hin und wieder war mir übel. Mein Arzt bestätigte >> Ja, sie sind wieder schwanger. Ich habe Sie doch vor einer erneuten Schwangerschaft gewarnt. Ihre Werte sind so schlecht, das ich Ihnen dringend raten möchte, die Schwangerschaft zu beenden. Es besteht die große Gefahr, dass weder das Kind noch Sie dies überleben. Denken Sie an Ihre anderen Kinder. << Den Gedanken an Abtreibung ließ ich nicht zu. >> Nein, das kann ich nicht, ich kann dieses Kind nicht umbringen. Ich werde es bekommen. Und wenn es das letzte ist, was ich tue ! << Die ersten paar Wochen ging alles gut, dann Mitte des vierten Monats erste Blutungen. >>Ich habe Sie gewarnt, ab jetzt halten Sie strenge Bettruhe, sonst gebe ich keinen Cent mehr für Ihr Leben und dem des Kindes. <> Habe ich Ihnen nicht gesagt Sie sollen sich schonen, wollen Sie denn mit aller Gewalt drauf gehen ?<< fragte er wütend. Dann Anfang Mai der Schock. Ich wurde wach weil mein Bett nass war. Wütend darüber schlug ich die Bettdecke zurück, um das Bett ab zu ziehen. Aber es war kein Urin wie ich vermutet hatte, mein ganzes Bettlaken war voller Blut. Ich rüttelte Kurt, bat ihn einen Krankenwagen zu rufen, er drehte sich herum und knurrte >>lass mich in Ruhe<< Ich schleppte mich zum Telefon und rief meinen Arzt an, ihm schilderte ich was geschehen war. Er befahl mir die Haustüre zu öffnen und mich dann sofort flach hin zu legen. Ich gehorchte nicht, sondern ging ins Bad um mich frisch zu machen, so konnte ich nicht bleiben. Dann legte ich mich auf die Couch und wartete. Die Sanitäter kamen und ohne groß Fragen zu stellen nahmen sie mich mit. Im Krankenhaus angekommen, untersuchte mich mein Arzt und sagte >>nein hier kann ich nichts für Euch zwei tun, ich rufe jetzt erneut den Rettungswagen und lasse Euch in die Kinderklinik bringen. << Ich begann zu weinen>> bitte helft meinem Kind, ich will, dass es lebt.<< Er beruhigte mich, hielt meine Hand und sagte >> das wird schon wieder. Kopf hoch, Sie haben es bis hierher geschafft, jetzt kommen Sie in gute Hände. Ich werde Sie in die Kinderklinik begleiten, dem behandelndem Arzt dort alles schildern. Erst wenn ich weiß, dass Sie in guten Händen sind, fahre ich nach Hause. << Ich schluckte und flüsterte unter weinen >> Danke << In der Klinik angekommen, wurde ich sofort untersucht und bekam einen Zugang gelegt. Über diesen sollte ich in den nächsten Wochen wehenhemmende Mittel bekommen. Ich kam in eine Zweibettzimmer, das zweite Bett war leer. Die nächsten vier Wochen lag ich im Bett, ich durfte noch nicht einmal aufstehen um auf die Toilette zu gehen. Dreimal am Tag kam ich ans CTG, die Wehen hielten sich in Grenzen, doch die Herztöne des Babys machten Sorgen. Es schlug nicht kräftig genug und vor allem unregelmäßig. Ich war fest entschlossen, sollte diesem Kind etwas geschehen, dann würde ich das Schwein umbringen. Hätte er mich nicht rücksichtslos vergewaltigt, läge ich jetzt nicht hier und müsste vor Sorgen um dieses Kind vergehen. Ich hatte allerdings Angst, dass mein Arzt ihn angezeigt hatte, ich vermutete, dass er bei der Untersuchung gemerkt hatte, was die Blutung ausgelöst hatte. Von Kurt erntete ich bei seinen Besuchen ständig Vorwürfe >> Wie lange willst Du noch faul hier im Bett liegen? Ich habe ein Recht darauf, dass Du nach Hause kommst und Deine Pflichten erfüllst.<< Nicht einmal fragte er wie es mir oder dem Baby geht. Trotz der Angst und Sorge genoss ich die Ruhe der Klinik, endlich mal nichts tun müssen, ohne Angst schlafen zu können. Nur die Angst um das Baby ließ mich nicht völlig entspannen. Obwohl ich mich gut aufgehoben und sicher fühlte. Ich vertraute den Ärzten und den täglichen Kontrollen. Gegen Ende der vierten Woche kam Dr. W. in mein Zimmer, er machte ein ernstes Gesicht, sagte mir >> Ich habe Neuigkeiten für Sie. Wir werden morgen das Kind holen. Die Herztätigkeit des Kindes macht mir große Sorgen, es kommt immer häufiger zu Aussetzern. Morgen Mittag werden wir das Kleine holen. << >> Es ist doch noch viel zu früh? Kann es denn schon ohne mich leben? << >> Keine Sorge, von Größe und Gewicht spricht nichts gegen eine Entbindung. Natürlich kommt es auf die Frühchenstation und wohl auch noch in den Brutkasten. Doch die Chancen stehen sehr gut. << Dies sagte er so überzeugend und sicher, dass ich erleichtert aufatmete. Endlich sollte etwas geschehen, die Sorgen und Ungewissheit ein Ende haben. Es war die erste Nacht in der ich fest geschlafen habe. Als ich wach wurde, war ich nicht in meinem Zimmer, ich sah mich um es kam mir nichts bekannt vor. Eine Schwester in grüner OP Kleidung kam und sagte >> Oh ! Sie sind ja wach. Darf ich Ihnen zu Ihrem Sohn gratulieren, ein niedlicher kleiner Bursche. << Ich sah sie erstaunt an, ich hatte doch nicht so lange geschlafen? >> Ist denn schon Mittag? Wieso ist mein Kind schon da? << >> Wir haben Sie heute nacht noch mal ans CTG gelegt und als die Herztöne Ihres Sohnes immer häufiger Aussetzer hatten ordnete Dr. W. an ihren Sohn sofort zu holen. << Ich hatte von dem allen nichts mit bekommen. >> Lebt er? Ist er gesund? << Es begannen noch mal harte Tage, ich durfte noch nicht aufstehen, durfte nicht meinen Kleinen sehen. Musste mich darauf verlassen wenn der Arzt oder die Schwestern mir erzählten es ginge ihm gut. Drei lange Tage sollte ich warten, bis ich in die Neugeborenen Station durfte, aber nur dann wenn Kurt mich mit dem Rollstuhl hinüber bringen würde. In drei Tagen war Sonntag, Kurt würde nicht auf sein Fußballspielen verzichten um mir einen Wunsch zu erfüllen. Ich grübelte wie ich es bewerkstelligen sollte, trotzdem zu meinem Kind zu kommen. Eine Schwester wollte ich mit meinem Wunsch nicht belasten. Der Sonntag sollte nicht vergehen ohne dass ich meinen Sohn gesehen hatte, dies war mein fester Wille. * Es war ein tolles Gefühl ihn jederzeit im Arm halten zu können. Der kleinste Fortschritt wurde registriert. Nach einer Woche waren wir bei durchschnittlich 50g pro Flasche. Überschattet wurde mein Erfolg durch meinen näherückenden Entlassungstermin. Dr. W. hatte bei der Visite gesagt >> In fünf Tagen können Sie nach Hause gehen. Ihre Befunde sind alle in Ordnung, und der Schnitt verheilt gut.<< Ich sah ihn traurig und entsetzt an >> Und mein Junge? Ich kann ihn nicht alleine hier lassen. Ein Auto besitzen wir nicht, so das ein täglicher Besuch unmöglich wird.<< Er schüttelte den Kopf >> Sie kennen doch die Zwillinge bei Ihrem Sohn auf der Station, die Eltern erscheinen jeden Tag und wohnen direkt bei Ihnen im Nachbarort. Sprechen Sie mit denen, ich bin sicher dass Sie gemeinsam her kommen können. Ich kann sie nicht hier behalten bis Ihr Conny mit nach Hause kann, dies kann noch vier bis sechs Wochen dauern.<< Ich nickte, überzeugt war ich nicht. Nachdem Dr. W. mein Zimmer verlassen hatte, stand ich auf und ging wie jeden Morgen zur Säuglingsstation. Ich sah, dass bei den Zwillingen schon jemand war. Zögernd klopfte ich an die Tür, es kostete mich Überwindung wildfremde Menschen um etwas bitten zu müssen. >> Entschuldigen Sie bitte, ich habe gehört, dass Sie aus Hilden kommen. Ich werde in fünf Tagen entlassen, und mein Sohn muss noch einige Wochen hier bleiben. Wir haben kein Fahrzeug und ich sehe keine Möglichkeit regelmäßig zu meinem Kind zu kommen. Dr. W. meinte, ich könnte vielleicht mit ihnen fahren? << Lächelnd stellte sie sich erst einmal vor >> Ich bin Frau Sch. wo wohnen Sie denn genau ? << Entschuldigend sah ich sie an >> Ich bin Frau S. und ich wohne in Hilden Pungshaus. Es wäre wirklich nett wenn Sie mich mit nehmen könnten.<< Innerlich zitternd, wartete ich auf ihre Antwort. >> Wir wohnen in Holterhöfchen, wenn Sie die Möglichkeit haben morgens gegen 9.30 Uhr am Schulzentrum zu stehen, nehmen wir Sie sehr gerne mit. Wir Eltern von solchen Sorgenkindern müssen zusammen halten.<< Beruhigend sah sie mich an, während sie eine ihrer Töchter streichelte. Mir fiel ein Stein vom Herzen, >> Selbstverständlich kann ich dort hin kommen. Ich bin Ihnen sehr dankbar. Wenn alles gut geht werde ich am Montag entlassen und würde ab Dienstag gerne auf Ihr Angebot zurück kommen. Wie lange müssen Ihre Töchter noch hier bleiben?<< Da wurde ihr Blick sorgenvoll und traurig >> das kann noch drei Monate dauern, sie fangen sich immer wieder Infektionen ein, die alle Fortschritte innerhalb von Stunden zunichte machen. Ich habe unwahrscheinliche Angst um die Kinder, obwohl die Ärzte und Schwestern hier fähig und bemüht sind. << Jetzt war ich erschrocken, an so etwas hatte ich noch nicht gedacht. Bisher war meine einzige Sorge, dass Conny genug trinkt. >> Ich gehe jetzt mal zu meinem Sohn, wir sehen uns gleich noch, vielleicht haben Sie Lust nachher mal mit mir gemeinsam nach unten zu gehen, einen Kaffee trinken<< Sie nickte mir freundlich zu und ich verließ das Zimmer. Conny war wach als ich zu ihm kam, er strampelte mit den Beinchen. Behutsam nahm ich ihn aus seinem Bett, stützte sein Köpfchen und summte eine Melodie. Sein warmer Atem streifte meinen Hals, während er sich an mich kuschelte. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass die Schwester gleich mit der Flasche kommen würde. Ich ging zur Waage und legte Conny darauf, zehn Gramm mehr als gestern. Ganz langsam ging es aufwärts. Die Schwester kam >> guten Morgen Ihr zwei, hier kommt jetzt was zu futtern. Der junge Mann hat heute früh 55g getrunken<< Ich lachte leise auf >> Schwester, dies werden wir steigern, ich kann doch nicht zu lassen, dass er von Ihnen mehr trinkt als bei mir.<< Die Schwester musste ebenfalls lachen >> Den Erfolg gönne ich Ihnen gerne. Also strengt Euch mal an Ihr zwei.<< Mit diesen Worten war sie auch schon wieder verschwunden. Dieser Wettbewerb wurde zu einem Spiel zwischen den Schwestern und mir. Der gefürchtete Montag kam schneller als gewünscht, könnte ich doch nur die Zeit anhalten. Die Taschen waren gepackt, die Abschlussuntersuchung vorbei. Die Schwestern hatten nichts dagegen meine Sachen bis gegen Abend zu beaufsichtigen. Ich ging wie an jedem Morgen zu Krümel, bestätigte Familie Sch. meine Mitfahrt ab dem kommenden Vormittag. Zuhause erwartete mich ein unvorstellbares Chaos. Wäsche von vier Wochen, Geschirr welches darauf wartete endlich gespült zu werden. Putzlappen und Staubsauger waren in dieser Zeit im Urlaub. Zaudernd dachte ich daran was gewesen wäre wenn Conny jetzt schon mit nach Hause gedurft hätte. In den nächsten Wochen musste ich versuchen dem Chaos Herr zu werden, auch wenn ich den ganzen Tag in der Kinderklinik war. Die anderen drei weichten mir an diesem Abend nicht von der Seite, sie hatten soviel zu erzählen, zu fragen. Kurt verhielt sich ebenfalls friedlich und ließ uns in Ruhe. Am nächsten Morgen begann der Alltag ich stand früh auf um vor dem Besuch im Krankenhaus einiges zu schaffen. Wenn ich am späten Nachmittag nach Hause kam, hieß es kochen und aufräumen. Ich hatte das Gefühl ich werde nie fertig, der Berg Arbeit wird nicht kleiner. Bald erreichte ich wieder die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit. Ihr nachgeben oder sie zeigen unmöglich. Wer hätte mich unterstützen sollen? Ich kannte niemanden. Die Kinder waren noch zu klein und Kurt, da brauchte ich nicht drauf zu hoffen. Freunde gab es für mich seit einigen Jahren nicht mehr. Ich schleppte mich durch die Tage, die Stunden bei meinem Krümel entschädigten für vieles. Eine Routine spielte sich ein, 6.00Uhr aufstehen. Kinder versorgen, aufräumen, putzen, waschen. Um kurz nach neun machte ich mich auf den Weg zum Schulzentrum wo einer oder beide von der Familie Sch. auf mich warteten. Um 18.00 Uhr waren wir meist wieder zurück. Kochen, die Kinder fertig machen fürs Bett, mit ihnen eine wenig plaudern. Dann kam die Zeit des Tages vor der ich mich regelrecht fürchtete. Ich war mit Kurt allein, sein Alkoholpegel wie immer bis oben voll. Ständig pöbelte er rum, forderte seine Rechte ein. Ich ekelte mich vor ihm. Durfte mir dies aber nicht anmerken lassen, weil die Gefahr bestand, dass ich sonst am nächsten Morgen nicht in der Lage war in die Klinik zu fahren. Eine Hölle aus der es kein Entrinnen gab. Sie möchten mehr lesen? Ab 20.Oktober 2009 im Buchhandel ISBN 978-3-8391-2873-2, Paperback, 200 Seiten Gesprengte Fesseln Erfolgreicher Ausbruch aus Häuslicher Gewalt Gabriele Remscheid Beim lesen darf es hin und wieder auch mal leichte Kost sein, doch die Autorin Gabriele Remscheid bevorzugt Fakten und Tatsachen. So auch in ihrem Buch „Gesprengte Fesseln“ welches soeben erschienen ist. Das Thema häusliche Gewalt lässt sie nicht los, muss verarbeitet werden. In ihrem ersten Werk geht es um eigene Erfahrungen, Auswirkungen auf Beziehungen und Beruf. Obwohl Gabriele sich als romantisch bezeichnen würde, spürt der Leser in ihrem Werk davon nichts. Ich stellte Frau Remscheid einige Fragen. Interview mit der Autorin Gabriele Remscheid D. Kurtensiefen: Guten Tag Frau Remscheid, soeben ist ihr Buch „Gesprengte Fesseln“ auf dem Markt erschienen. Sie erzählen darin von ihren eigenen Erfahrungen. Was war Ihre Motivation damit an die Öffentlichkeit zu gehen? Gabriele Remscheid: Meine Motivation ist im Buch verborgen. In all den Jahren hätte ich mir einen Menschen gewünscht, der nicht weg sieht sondern mir seine Hand reicht. D. K.: Sie hoffen dies mit Ihrem Buch zu erreichen? G.R.: Ja ich wünsche mir, die Gesellschaft für das Thema häusliche Gewalt zu sensibilisieren. Erst wenn die Gesellschaft begreift, also mein nahes Umfeld, dass es keine Privatangelegenheit ist, wenn es Gewalt in einer Beziehung gibt dann werde ich aufhören. D. K.: Wie kann ein Außenstehender wissen, ob es Gewalt oder ein normaler Streit ist? G.R.: Bei normalen Auseinandersetzungen kommt es nicht zu körperlichen Übergriffen, dessen Folgen für jeden sichtbar sind und ihn deshalb zum eingreifen motivieren sollten. Schwerer ist es wenn es sich nur um psychische Gewalt handelt. Die kann ein Unbeteiligter nur selten erkennen. Ich persönlich werde auf Grund meiner Erfahrungen immer stutzig wenn ich auf eine normale Frage zu hören bekomme, muss ich erst mal fragen, muss ich mit meinem Mann sprechen. Dies klingt für mich wie Erlaubnis holen. Bei meinem heutigen Mann benötige ich für nichts eine Erlaubnis, und ich denke so sollte eine gesunde Beziehung sein. Aber auch wenn jemand auffällig oft Verletzungen hat. Man ständig nur Streit aus der Wohnung hört, die Kinder häufiger als normal weinen, sollte man hinsehen. Lieber zehnmal zu viel als nur einmal zuwenig. D. K.: Ohne Ihnen zu Nahe treten zu wollen, aber ist Gewalt in Beziehungen nicht etwas was nur in sozial schwachen und ungebildeten Familien vor kommt? G.R.: Nein!!! Häusliche Gewalt kommt in allen sozialen Schichten vor. Das hat weder etwas mit Status, Bildung oder Nationalität zu tun. Studien belegen das jede vierte Frau in Deutschland, in einer gewaltgeprägten Beziehung lebt, oder Erfahrungen damit gemacht hat. Stellen Sie sich vor sie wohnen in einer Siedlung, dort stehen einhundert hübsche kleine Häuser. In 25 Häusern erlebt eine Frau jeden Tag die Hölle. Dagegen muss man einfach etwas machen. Auch unsere Politik ist gefordert. Die Hilfen die es angeblich gibt, sind leider nur auf dem Papier vorhanden. Es wird Betroffenen unheimlich schwer gemacht Unterstützung zu bekommen. D. K.: Wie ist Ihre Beziehung heute zu Männern, sie sind ja wieder verheiratet. G.R.: Meine Beziehung zu Männern ist gut. Ich kann für einen nicht alle verteufeln. Aber auch heute noch meide ich Männer die ein Alkoholproblem haben, oder ein hohes Gewaltpotenzial. Feste auf denen übermäßig getrunken wird, meide ich nach Möglichkeit. D. K.: Verstehe ich das richtig, sie haben heute noch Probleme? Könnten also nicht z.B. an Karneval in Köln sich unter das Volk mischen? G.R.: Nein dies ist für mich undenkbar. Die Angst das einer dieser Angetrunkenen ausrastet, es zu Ausschreitungen kommen könnte, lässt allein schon jetzt bei dem Gedanken daran mein Herz rasen, meine Hände werden feucht. In einer solchen Situation würde ich eine Panikattacke bekommen. Wenn ich mitbekomme wie einem schwächeren Gewalt angetan wird, habe ich noch Tage später mit Albträumen zu kämpfen. Manchmal reicht ein Wort, eine Geste und ich lebe wieder in der Vergangenheit. Sie müssen sich dies wie einen Film vorstellen der erneut abgespielt wird. D. K.: Sie haben vier Kinder, wie gehen die mit dieser Vergangenheit um? G.R.: Wenn Sie die Kinder selber fragen würden, bekämen sie die Antwort mir geht es gut. Doch ich weiß das es ihnen nicht gut geht. Alle vier haben in der Schule versagt, kämpfen zum Teil jetzt auf dem zweiten Bildungsweg darum doch noch eine Ausbildung zu schaffen. Mein jüngster ist ebenfalls auf die schiefe Bahn geraten, allerdings weniger Alkohol dafür Drogen. Heute weiß ich es wäre besser gewesen früher zu flüchten, anstatt die Kinder solange diesem Umfeld aus zu setzen. D. K.: Früher flüchten? Warum sind Sie so lange geblieben? G.R.: Ich habe mehrfach versucht Hilfe zu bekommen. Habe die Polizei angerufen, und einmal war ich im Frauenhaus. Die Hilfe die mir dort angeboten wurde, hätte die Trennung von den Kindern bedeutet. Die Räumlichkeiten dort waren sehr klein, und sie wollten die Kinder in Heimen unterbringen, bis ich eine Wohnung und Arbeit gefunden hätte. Eine Trennung von den Kindern war für mich unvorstellbar, und so gingen wir wieder zurück. D. K.: Wenn Sie heute noch mal vor dieser Entscheidung stehen würden, wie würden Sie dann handeln? G.R.: Ich glaube anders, denn durch das zurück gehen habe ich ihnen geschadet. Wobei ich natürlich auch nicht weiß, ob es anders oder besser gewesen wäre wenn sie in Heimen gewesen wären. Wie sie die Trennung verkraftet hätten. Eins meiner Kinder sagte mir mal, wenn Du das getan hättest würde ich Dich hassen. Das Du uns nicht weg gegeben hast, dafür habe ich Dich lieb. Sie sehen diese Frage kann man pauschal nicht beantworten. D. K.: Gibt es etwas was Sie Frauen raten, die in ähnlichen Situationen sind? G.R.: Ja, ich sage immer wieder, flüchtet nach dem ersten Übergriff. Glaubt nicht den Beteuerungen das es ihm leid tut. In dem Augenblick stimmt diese Aussage zwar, doch er wird es immer wieder tun. Kein Mensch hat es verdient regelmäßig mit Gewalt konfrontiert zu werden. D. K.: Haben Sie schon Reaktionen auf Ihr Buch bekommen, wenn ja wie sind diese ausgefallen? G.R.: Ja habe ich erhalten. Überraschenderweise sehr positive Reaktionen. Eine Leserin war total überrascht das dieses Buch nicht nur traurig oder wütend macht sondern Hoffnung gibt. Eine andere Lesern sagte das ich Ihr den Mut gegeben habe ihre Geschichte zu erzählen. Sie selber erlebte als Kind dieses Szenario zwischen ihren Eltern und bisher wissen nur wenige enge Freunde davon. Doch von allen Seiten höre ich das es wichtig ist nicht zu schweigen. D. K.: Wie haben sie die Reaktionen ihres Umfeldes auf ihr Buch getestet, wie haben sie heraus gefunden, wie andere auf ihr Buch reagieren? G.R.: Das war eine Sache für sich. In meiner Freizeit bin ich Moderatorin in einem Webradio, und dort habe ich eine Zeit lang in meinen Sendungen Auszüge aus meinem Buch vorgelesen. Viele der Hörer wussten nicht das diese Texte von mir waren, und von meinem Leben handelten. Es kam zu den unterschiedlichsten Reaktionen. Besonders von anderen betroffenen Frauen. Einige traten den Rückzug an, weil sie nichts mit diesem Thema zu tun haben wollten, andere diskutierten öffentlich im Chat mit mir darüber, und wieder andere baten um meine Mailadresse und schrieben mir ihre Erlebnisse. Also recht vielfältige Reaktionen und Arten mit dem Erlebten fertig zu werden. D. K.: Ich habe im Vorfeld zu diesem Interview erfahren, das sie dieses Buch zuerst in einem anderen Verlag veröffentlichen wollten. Ist das richtig? G.R.: Sie haben da etwas richtiges gehört. Dies war ein kleiner Verlag in Berlin der gerade Bücher zu diesem und ähnlichen Themen heraus bringen wollte. Doch anscheinend haben sich die Verleger etwas übernommen. In kurzer Zeit hatten sie rund 100 Autoren um sich geschart, und kamen mit den Veröffentlichungen nicht mehr zurecht. Das hätte für mich und mein Buch eine Wartezeit von einigen Jahren bedeutet, und dies wollte ich mir nicht antun. Hinzu kam noch das es unter den Autoren zum Unmut darüber kam, und einige den Verlag verlassen haben. Einige Tage nachdem auch ich ausgeschieden bin, hat der Verlag seine Pforten geschlossen. Durch meine anschließende Eigeninitiative ist es mir dann gelungen mein Buch innerhalb weniger Wochen auf den Markt zu bringen. D. K. Ich danke Ihnen für dieses Interview. Und für Ihre Offenheit. Ich wünsche Ihnen mit Ihrem Buch „Gesprengte Fesseln“ viel Erfolg, und das es einigen Betroffenen hilft sich zu befreien und ihr Elend nicht zu verstecken. Erhältlich ist das Buch von Frau Remscheid über den Buchhandel oder über www.bod.de Books on Demand ISBN 978-3-8391-2873-2, Paperback, 200 Seiten Zum Preis von 13,95 inkl. MWST. Pressekontakt: Dieter Kurtensiefen Linzerstrasse 466/19 A-1140 Wien Mail: kurtensiefen@yahoo Tel.: +43-1-2952404 Die Fotos wurden freundlicherweise von Frau Remscheid zur Verfügung gestellt und bei ihr liegt auch das Copyright für diese Bilder.