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Mein Leben in Shenyang China
Ihr glaubt ja gar nicht, was man so alles mit sich rumschleppt. Jetzt waren wir hier nur zu Besuch und haben sowieso nicht alles dabei gehabt. Nur das Nötigste! Ha, dass ich nicht lache. Das Nötigste! Das wären hier praktisch Ohrstöpsel und Tarnkappe. Dabei füllt unser Hab und Gut mittlerweile einen 40 Fuß Container. Versuche seit Tagen irgendwie systematisch vorzugehen, um all die Sachen zu sortieren. Es will einfach nicht klappen! Renne den ganzen Tag vom dritten Stock nach unten, durch die Garage in den Garten, um dann wieder im dritten Stock weiter zu machen. Dabei kommt mir 100-prozentig etwas in die Hände, das wieder nach unten durch die Garage vor das Haus in den Abfall muss. Das lege ich nicht etwa zur Seite und warte, bis ich das nächste "Glump" in die Hände kriege das entsorgt werden muss, NEIN, ich erledige das sofort und renne wieder los, als hätte ich sonst nichts zu tun. So geht das den ganzen Tag. Dazwischen fällt mir immer mal wieder ein, dass vielleicht die Klamotten aussortiert werden müssten. Also, runter in den zweiten Stock, rein in den begehbaren Kleiderschrank. Da sitz ich dann auf dem Boden und bewundere die Vielfalt dessen, was da so hängt und liegt. Woher kommt das alles?? Es ist mir ein Rätsel. Der Anblick allein überfordert mich schon, vor allem zu wissen, da muss jetzt Ordnung rein. System. Erst mal muss entschieden werden, was in den Koffer, in die Luftfracht oder in den Container soll. Leute, das sind drei Möglichkeiten für jedes einzelne Kleidungsstück! Drei Stunden hab ich angesetzt. Zähl ich jede Socke einzeln, dann sind es bestimmt über 1000 Sachen. 1000 mal drei dürfte so um die 3000 ergeben, hab ich recht? 3000 Entscheidungen in drei Stunden??!! Pah! Das muss mir mal einer vormachen. Alle 4 Sekunden ein Kleidungsstück auf einen bestimmten Haufen werfen??? Niemals!
Ich nehme ein Stück in die Hand und überlege erst "Wann hab ich das jemals schon getragen? Werde ich es jemals tragen? Könnte es nicht doch sein, dass ich es (obwohl seit drei Jahren NIE getragen) unbedingt ganz dringend die erste Woche in Deutschland benötige? Kann ich mich von diesem Stück trennen und falls ja, wie lange? Eine Woche, bis die Luftfracht kommt? Acht Wochen, bis der Container kommt? Oder etwa für immer?? Würde ich es verkraften, wenn das Frachtschiff mit meinem Container und im speziellen, diesem einen ganz besonderen Kleidungsstück sinken würde?" Also, mit drei Stunden ist da nichts zu machen, nie und nimmer. So räum und sortier ich also weiter, muss mich dazwischen immer wieder erholen, um auch meine Gedanken zu sortieren und unsinnige Berichte für die HP zu verfassen. So, jetzt geht es mir besser. Das musste musste ich jetzt grad mal loswerden.
Heiner hat gerade meine Zeilen gelesen und gemeint: "Ach, jetzt verstehe ich das. Hab mich schon gefragt, was Du da eigentlich machst die letzten Tage." Männer! Die haben damit natürlich kein Problem. Ihr Schrank ist nicht mal annähernd so voll wie unserer. Sie müssen sich nicht mit der Frage befassen: "Welche fünf Paar Schuhe brauch ich zum Überleben in den nächsten fünf Tagen?"
So. Nun ist es 22.52 Uhr. Hatte Heiners volle Unterstützung die letzte Stunde. Hätte ich den Bericht mal früher geschrieben. Oder, vielleicht sollten wir auch einfach mehr miteinander kommunizieren? Was soll ich sagen? Die Luftfrachtkiste ist halb gefüllt (vorher war sie leer, aber immerhin umzingelt mit unzähligen Dingen so im Umkreis von ca. zwei Metern). Zusätzlich haben wir festgestellt, dass unser Alkoholvorrat noch für mindestens drei Einweihungspartys, zwei Abschiedsfeten und diverse runde Geburtstage reichen würde. Das haben wir zum Anlass genommen, auf unseren letzten gemeinsamen Sonntag in Shenyang anzustoßen. So. Das alles innerhalb einer Stunde. Auf die Männer ist halt einfach Verlass! Vielleicht sollte ich öfters so mädchenhaft sein und nicht immer alles Selbst erledigen wollen. Tja, Chinesin müsste man sein. Bin ich aber nicht und will ich auch gar nicht. Wär ja noch schöner! Dann hätte ich ja nur ein paar Schuhe oder wenn es hoch kommt zwei. Dann lieber alles selber machen.
Ach, bevor ich es vergesse. Meine Mädels in D haben mir vor vier Jahren zum Abschied ein ganz spezielles Lied gewidmet. "Dieser Weg" ... Tja, besser hättet ihr es nicht vorhersehen können. Dass nun aber gerade das Packen am steinigsten und schwersten sein wird auf dieser langen Route, das hättet ihr euch sicher nicht träumen lassen, was?! Ha, ha! Ich auch nicht. Bald habt ihr mich wieder und dann brauchen wir zur Willkommensfete ein Lied mit dem Titel "Da bin ich wieder." - Alles wird gut.