Erziehung & Kinder
Mein Orchideenstreit mit dem Direktor
http://Mein Orchideenstreit mit dem Direktor
Aus meinem verbotenen Orchideefanromankapitel :
“ DER SÜNDENFALL IM ORCHIDEENPARADIES“
I.Teil: Mein Orchideenstreit mit dem Direktor
II.Teil: Unser Orchideenreise mit Hindernissen.
III. Teil: Endlich im Orchideenpardies
IV.Teil: Ich machte mich zum Affen im Orchideenparadies
V. Teil: Die schneeweisse Orchideenrarität
VI. Teil: Ringsum ein herrliches Orchideenparadies
VII. Teil: Der Sündenfall im Orchideenparadies
VIII. Teil: Die Natur-Schande
Je näher der Tag unserer Orchideenexkursion rückte, desto mehr nervte mich alles. Ich träumte nur verrücktes Zeug, ausgerechnet auch von Ines. Sie hing mir wie ein schwerer Rucksack auf dem Rücken und ich schleppte sie kilometerweit durch den Wald den Wald. Sie plapperte und plapperte auf mich ein. Dabei rief sie: Hühe! Hühe! Lauf mein Pferdchen lauf!
Ich lief bis zu einer Lichtung. Da kam das Goldpantoffelmädchen aus Omas Märchen, mit langen blonden Haaren. Ihre Pantoffeln waren gelbe Frauenschuhorchideenblüten. Sie zeigte mir eine ganz besonders schöne Orchidee. Leider konnte ich mich danach nicht mehr genau erinnern, wie diese aussah, denn wie das immer so ist, an der schönsten Stelle, als ich mir diese Besonderheit genau betrachten wollte, wachte ich auf.
Manche Träume haben eine Vorbedeutung, denn am gleichen Tag traf ich Moosbach, den alten Orchideenkenner mit dem üppigen schwarzen Vollbart, nein, der war längst grau geworden. Moosbach machte mir den Mund ganz schön wässrig:" Was, Du kennst bei Steinroda das Orchideengebiet nicht? Das ist eine Bildungslücke! Tausende Orchis ustulata und Orchis tridentata wachsen dort auf Schritt und Tritt. Selbst den Bastard, die Dietrichiana habe ich zigmal gefunden. Das kannst Du mir glauben. Voriges Jahr erst war ich mit meinem Sohn dort!
Ich wusste nicht, ob man Moosbach wirklich glauben konnte, er hatte mich mitten im Mai in den April geschickt zu einer Bergwiese, wo garantiert noch hundert Orchis morio blühen sollten. Leider ist dieses Gemeines Knabenkraut, wie es vom Orchideenprofessor Schulze vor über hundert Jahren wegen seiner Häufigkeit genannt wurde, fast überall ausgestorben. Jedenfalls die letzten Jahre entdeckte diese, bis auf ein winziges Vorkommen keiner mehr. Als ich die Moosbachs Bergwiese aufsuchte, weideten dort die Kühe. Wie ich danach erfuhr, schon viele Jahre. Da braucht man gar nicht erst zu suchen.
Sogar das Wanzenknabenkraut, das seit siebzig Jahren in Thüringen nicht mehr gesichtet wurde, will vor drei Jahren Moosbach an einem Bachufer gesehen haben. Mit dem Erinnern bei den alten Leuten ist so eine verrückte Sache, aus drei werden dreißig Jahre.
Jedoch als ich Dreibrot von dem Riesenvorkommen bei Steinroda erzählte, war er vor Begeisterung so sehr aus dem Häuschen, dass er seine Leiter und Lenkerpflichten als amtierender Direktor eines Volkseigenen Betriebes vernachlässigte, den ganzen lieben langen Tag nur noch an der Quasselstrippe hing, in allen Büchereien und Buchläden der DDR anrief, ob es Orchideenliteratur über Steinroda gäbe. Hätte er alle Literaturangaben, eingerechnet der Universitäten und der Leipziger Bücherei aufgearbeitet, manche lagen schon über Hundert Jahre zurück, bedürfe es einen der üblichen DDR-Fünfjahrpläne, um brauchbare Ergebnisse zu erreichen. Als er schließlich nach wochenlangem Telefonieren nicht mal einen einzigen Hinweis auf den Ort Steinroda feststellen konnte, glaubte er, ich hätte ihm einen Bären aufgebunden. Überall in der Brauerei, wo er auftauchte, lachte man und oder wurde gefrotzelt: "He, Direktor, hast Du endlich dein Orchideenparadies gefunden? Hier in der DDR gibt es doch nur noch Löwenzahn auf den Wiesen. Ich würde lieber in die Tropen fahren, dort wachsen die sogar auf Telegraphenmasten, hat das Westfernsehen gebracht."
"Ich darf als Funktionär nicht mal wie ihr, das Westfernsehen gucken, da hat man gleich ein Parteiverfahren am Hals!" ärgerte sich Dreibrot.
So wie ich Dreibrot von weitem sah, kratzte ich die Kurve. Glücklicher Weise kam ich auf einen Gedanken, an den ich viel früher hätte denken müssen. Ich schrieb den Orchideenpapst an, so nannten ihn alle Orchideenfans, der sich bei den heimischen Orchideen, Bastarden und Vorkommen besser auskannte als alle anderen Orchideenfreunde insbesondere Botaniker, Doktoren mit denen er sich heftige Streitgespräche liefert, ob eine Orchidee als selbständige
Art, Unterart, Spezies oder Bastard bezeichnet werden soll, wobei er zumeist Recht hatte.
Ich brauchte nicht lange auf seine Antwort zu warten. Er war konsterniert, dass ich als erfahrener Orchideenkenner und Standortfinder, noch nie etwas von den größten Bastardschwärmen und Vorkommen Europas von Orchis ustulata und Orchis tridentata gehört hatte. Die meisten Orchideenfreunde hätten diesen Standort schon aufgesucht. Er habe darüber eine wissenschaftliche Arbeit in der Fachzeitschrift „ORCHIDEE“veröffentlicht. Zugleich erlaube er sich, damit ich besser informiert bin, mir ein Exemplar zu kredenzen. Es enthielt eine erstaunlich, herzliche Widmung an mich, seinen lieben Orchideenkollegen.