Humor
Meine Respektpersonen wurden Clowns
Meine Respektpersonen wurden Clowns
Ich war ein stiller, oft verängstigter Schüler, der immer Schiss hatte, sich durch Fragen oder Antworten vor der ganzen Klasse lächerlich zu machen. Vor den Lehrern, die nie ein Wort falsch schrieben und die schwierigsten Rechenaufgaben lösten, hatte ich ein Riesenrespekt. Sie waren für mich so was wie Götter des ABC`s und Gurus des Einmaleins.
Nach unserem Umzug kam ich in eine andere Schule. Andere Schulen, andere Sitten. In der neuen Klasse gab es auch einen Klassenkasper, namens Engerling. Besonders in der Mathematikstunde stellte er so allerhand an. Obwohl Lehrer Fichtner in Lehrerkreisen wegen seiner großen Kenntnisse sehr geschätzt wurde, versuchte er diese uns so umständlich, wie nur möglich zu vermitteln.
Engerling stellte Fifi wie wir Herrn Fichtner nannten allerlei verrückte Fragen: „Herr Fichtner kennen Sie sich aus mit der Einstein- Zweistein- und Dreistein- Relativitätstheorie. Wenn ich ein Stein minus drei Steine errechne, kommt, da minus zwei Steine oder kein Stein heraus. Ist das relativ bei negativen Ergebnissen. Wenn ich weniger als ein Stein habe, weil ich 20 Stück verborgte und diese nicht wieder bekomme, da mache ich minus, aber der die Steine hat, macht plus. Ich kann mir nicht vorstellen wie Einstein die Zweistein -oder -Dreisteintheorie berechnet. Und wie ist das mit dem Krümmungseffekt, wenn ich eine unendliche gerade Linie aus Steinen errichte, wird diese Linie gekrümmt, letztendlich rund, weil die Erde eine Kugel ist? Aber wenn ich eine gerade Linie aus Steinen errichte, jeden Stein mit einen Luftballon in der Schwebe halte, bleibt das eine gerade Linie oder ist das relativ?
Fifi versucht dann all dies Fragen an der großen Tafel mit langen Rechenformel zu errechnen. Zugleich flogen unzählige gefaltete Papierflieger in Richtung des Lehrers, der diese in seinem Eifer gar nicht bemerkte.
Einmal kontrollierte Fifi die Hausaufgaben, die natürlich Engerling nicht gemacht hatte, dieser schnappte seinen Beutel mit den Sportschuhen und der Turnhose und robbte immer hinter den Rücken von Fifi auf dem Erdboden, zwischen den Bänken, die Reihe entlang, um sich ganz hinten zu verstecken. Etwa zehn Minuten nach der Kontrolle, kroch er vor zur Tür, öffnete diese, knallt sie zu, dann entschuldigte er sich beim Lehrer Fichtner, weil er sein Sportzeug vergessen hätte. Jedoch Herr Fichtner rügte diesen: „Das ist sehr unordentlich von dir und bekommst deswegen eine Fünf für Ordnung in das Klassenbuch. Als Engerling eine Weile saß, sagte plötzlich Fifi: „Engerling bringe mal deine Hausaufgaben vor zu mir!“ Als dann Engerling auch noch eine Fünf in Mathe bekam, kreischte die ganze Klasse vor Lachsalven und konnte sich nicht beruhigen. Fichtner war außer sich.
In einer Pause wurde einmal der Lehrertisch beim Hausmeister heimlich gegen einen kaputten ausgetauscht und die Tischplatte auf die losen Beine gestellt. Wie nun Fichtner an dem Tisch saß und nach dem Klassenbuch fragte, hatte Engerling dieses schon parat, bracht es und knallte dieses auf den Tisch, der wankte hin und her ohne einzustürzen. Auch das wurde mit lauten Lachen belohnt. Als Herr Fichtner aufstand, sich auf den Tisch stützte, zitterte dieser wieder, dazu Gelächter von den Bänken. Wieder kein Einsturz!
Als Fifi mit dem Rücken zur Klasse an der Tafel stand, um die Hausaufgaben anzuschreiben, robbte Engerling vor, band Zwirn um ein Tischbein wickelte diesen mehrere Meter lang ab, bis zu seinem Platz. Als Fichtner am Tisch saß, zog Engerling kräftig an dem Faden, der Tisch krachte zusammen, das Klassenbuch lag unten, von der Tinte aus dem Tintenfass blau getränkt, wurden sämtliche Eintragungen und Noten zur Unkenntlichkeit bekleckst. Fichtner tobte, wie immer von schallendem Gelächter umtost.
„In dieser Klasse wundert mich nichts mehr. Wie kann nur so was passieren?“ konnte sich Fifi nicht beruhigen.
„Herr Lehrer meldete sich Engerling: Da ist der Holzwurm daran Schuld. Im Dorf von meinem Opa haben die Holwürmer von seinem Nachbarn die ganzen Balken aufgefressen, da ist das Haus eingestürzt und hat die ganze Familie unter sich begraben.“
Als Fifi wieder einmal mit dem Rücken zur Klasse stand und auf dem Tisch sein brauner Hut lag, haute der dicke Emil, der sonst nicht mal einer Fliege etwas zu leide tun konnte, mit der Faust auf diesen, weil er wieder einmal eine Fünf in der Mathearbeit bekommen hatte.
Als Fifi seinen deformierten Hut sah, brüllte er los:“ Wer war der Attentäter, der meinen Hut erschlagen hat? Wenn es keiner war, melde ich es dem Direktor!“
Es bekannte sich auch keiner zur Tat, stattdessen wie immer, Gelächter.
Schon rannte Herr Fichtner los, kam mit dem Klassenlehrer und dem Direktor zurück.
Da standen die Lehrer vor dem verbeulten Hut und betrachteten diesen von allen Seiten: „So eine Unverschämtheit! So eine Frechheit!“
Auf einmal kam ich mir wie im Zirkus vor, die Lehrer wurden zu Clowns. Ich vergaß, dass ich in der Schule war und konnte mich vor Lachen nicht mehr halten und plautzte los.
„Was gibt es da zu lachen!“ rügte mich mein Klassenlehrer.
Mir kam das so komisch vor. Wegen so einem alten Hut, so ein Kaspertheater zu veranstalten. Sie berieten eine Strafaktion, die ganze Klasse nachsitzen lassen. Ich schnaufte, noch immer vor lachen.
Da nahm der Direktor den Hut und mit wenig Handgriffen drückte er diesen wieder in die ursprüngliche Form zurecht. Kopfschüttelnd verließ er den Klassenraum, die anderen Lehrer eilten ihm hinterher. Fichtner kam nochmals zurück, er hatte seinen Hut vergessen.
Engerling sang ihm hinterher:“ Mein Hut hat vier Ecken und hätte er nicht vier Ecken, so wäre es nicht mein Hut!“
Seit dem hatte ich meinen großen Respekt vor den Lehrern verloren.