Mit der Segelyacht an der Nordostküste Sardiniens entlang
Mit der Segelyacht an der Nordostküste Sardiniens entlang
Männe

Sechs Mann auf einem Boot

Mit der Segelyacht an der Nordostküste Sardiniens entlang

Es war 1996, der Rudi, der Milchpanscher, Panscher, wie wir ihn auch nannten, hatte sein Geschäft aufgegeben und betrachtete von nun an sein Leben als Privatier. Eine altmodische Bezeichnung, die er gern benutzte.

„Jungs, ich habe eine Überraschung für euch.“

Aber der Rudi schwieg und wartete eine Zeit mehr als geheimnisvoll mit seiner Antwort auf unsere Nachfragen.

„Im Sommer machen wir eine Segeltour, nicht Cap Horn. Wir fahren schnurstracks durch Italien, setzen mit der Fähre von Livorno über nach Bastia auf Korsika. Dann brettern wir mit ungebremster Freude südlich weiter zum Hafen von Bonifacio. Und da liegt sie, eine späte Liebe, die Artmare 44 Manhatten.“

Wir vom Skatclub „Hand aufs Herz“, der Horst Auwela, Jonny Nederland, Walter Freund, der Ofen-Erich und ich, wir machten uns Pfingsten 1997 auf den Weg. In zwei Autos, der Panscher hatte seinen Anhänger hinten dran, mit dem er noch im letzten Jahr die Schulmilch ausgefahren hatte. Seine beiden Lebensmittelgeschäfte hatte er verkauft, noch eine Erbschaft gemacht und sich dann eine gebrauchte Segelyacht gekauft.

„Das wird ein Spitzentörn.“

Die ganze Reise war minutiös geplant. Am Gardasee, in Sirmione machten wir einen Zwischenstopp und nahmen tags drauf die letzten 330 Kilometer weiter bis Livorno. Am Hafen Trubel und der Panscher überraschte mit perfekten Italienischkenntnissen. Vier Stunden dauerte die Überfahrt. Dem Horst Auwela, der noch nie eine Auslandsreise unternommen hatte, ihm glänzten die Augen. Der Geruch des Meeres, die durchquerten Landschaften, Horst war wie ein Junge.

Noch 200 Kilometer entlang der korsischen Küste von Bastia nach Bonifacio. Wir wurden auf dieser Strecke ganz andere Menschen. Uns erschien die Reise einfach zu phantastisch. Der Panscher hatte bis zu diesem Zeitpunkt seine Segelyacht mit keinem Wort erwähnt. Und wir hatten ihn aus Respekt auch weiter nicht befragt.

Als wir dann am Liegeplatz angekommen waren, straffte sich die Panschersche Brust und mit weit ausholenden Bewegungen schritt er seine Segelyacht Manhatten ab:

„ Dreizehnmeterachtzig Länge, 4m Breite. Motorleistung, 36 PS. Dieselantrieb und zwei Duschen. Drei Kabinen und acht Kojen. Frischwassertank, 500 Liter. Alle Mann an Bord.“

Mit schöner Gleichmäßigkeit begleitete uns die kommenden sechs Tage Sonne. Wir sprangen von der Yacht ins Meer, und Horst glaubte, das ihm bereits Schwimmhäute wachsen. Der Panscher segelte mit großem Geschick entlang der Nordostküste Sardiniens. Am Abend legten wir entweder in einem der kleinen bezahlbaren Häfen an, bzw. tuckerten mit dem Beiboot in den Hafen von Porto Cervo, wo sich der Jestset tummelte. Sechs modische Männer in einem fast untergehenden Schlauchboot, ein ganz selten komischer Anblick. Der Horst meinte noch nie solche Damenparfüms gerochen zu haben wie auf Porto Cervo.

Das leichte Schaukeln, die Wachträume in unseren Kojen in der Nacht, melodisch säuselten die sanften Wellen gegen den Kunststoffrumpf der Segelyacht Artmare 44 Manhatten. Der Horst bereitete jeden Morgen den Frühstückstisch und sorgte überhaupt für unser leibliches Wohl. Der Smutje hatte sich in Olbia eine Kombüsenkochschürze zugelegt, ein Mitbringsel an unvergessliche Tage. Von Olbia ging es wieder zurück. Die Meeresbrise sorgte für ausgelassene Stimmung an Bord und verleitete uns zu riskanten Manövern. Horst verlor einen Grand Hand mit Zweien, und der Panscher brachte Kreuz Hand ohne Zwei mit Kontra und Re unter Dach und Fach. Wenn er das Ding verloren hätte, dann hätte es ihn durchaus sein stolzes Segelboot kosten können.