Tiere
Mutiges Hänschen und der Bulle
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Oft komme ich mir hier gar nicht vor, wie in Brasilien, eher wie auf einem deutschen Dorf. Die Hähne krähen hier auch nicht anders, genauso schnattern Gänse und Enten. Auch unser Deutscher Schäferhund bellt deutsch. Ein Blick von der Veranda über die Gartenmauer, zu einer Gruppe hoher Kokospalmen mit langen, fächelnden Wedeln, bringt mich in die tropische Wirklichkeit zurück. Vor einen halben Jahr konnte ich noch in einem Bache weiße Reiher beobachten.Nun stehen davor Bananenbäume.In aller Frühe werden wir laufend aus den Schlaf gebrüllt, von den Kühen im verwilderten Nachbargrundstück, wo diese meterhohes Unkraut abweiden. Baby Hans ist begeistert von den Kühen. Muhmuh! Muhmuh! ahmte er sofort nach.Kaum ist die Verandatür auf, rennt er hinaus blickt über die Mauer hinab und redet mit den Kühen: Muhmuh! Muhmuh!
Eines Morgens war das laute Gebrülle der Kühe noch dröhnender: Muuhuah! Muuhuah! Als stände eine Löwe im Nachbargrundstück. Schlaftrunken ging ich auf die Veranda und blickte über die Mauer, und sah eine riesige, rabenschwarze Kuh mit mächtiger Halsmähne. Schon winkte Baby neben mir der Kuh zu: Muh! Muhmuh! Wenig später war es wieder aufs Elternbett gekrochen und eingeschlafen.
Nach dem Kaffeetrinken, war es meine erste Aufgabe, den ganzen Garten bei dieser Sommerhitze mit dem Wasserschlauch abzuspritzen. Seltsam, eben noch hing Baby am Wasserschlauch, weinte, weil er Papa nicht nass spritzen durfte. Nebenbei, sah ich wie Baby zum Garteneingang ging. Das Tor war ja verschlossen, dachte ich. Fertig mit dem Wässern, suchte ich Hans vergebens. Er war nicht in der Küche, nicht in der Stube, nicht im Kinderzimmer, auch nicht bei Mutti und nicht bei der Nachbarin.. Nun rannte ich den sandigen Fahrweg zur Brücke hinunter. Hinter mir, brüllte es wieder mächtig laut:" Muh! Muh!"
Ich drehte mich um und glaubte, ich sehe nicht richtig, steht doch unser kleiner blonder Lockenkopf, neben der schwarzen Riesenkuh wetteiferte mit seinem leisen: Muh! Muh!
Und wie ich diese Kuh genauer betrachtete, staunte ich, die hat ja gar kein Euter. Das ist ja ein Bulle, erschrecke ich, und schrie mir die Kehle wund: Hans! Hans! Vergebens. Nun packte Hans sogar den Bullen am Schwanz und zerrte daran. Der ließ sich das gefallen. Aber wie ich hineilte, senkte der Bulle seine Hörner. Ich wich langsam zurück. Auf einmal umringte mich eine Schar kastanienbrauner Kinder. Diese kreischten, lachten, sprangen fröhlich herum. Das machte den Bullen wütend, senkte seine Hörner, stampfte mit den Füssen, riss den Pfahl mit der Leine los und mit gesenkten Kopf trabte er zur Kinderschar. Schreiend lief diese auseinander und rannten zur Brücke. Ich schnappte Hans, ihm unterm Arm, raste ich bis zum Tor. Von dort beobachtete ich, einen kleinen Jungen, wenig älter als Hans, diesen hatte der Bull fast erreicht, wollte ihn auf die Hörner nehmen. Aber plötzlich stand vor ihm, eine Gänseschar im Gänsemarsch. Da raste der Bulle auf sie zu. Die Gänse stoben mit lautem Geschnatter auseinander. Einig flogen über seine Hörner, regten Hals und Schnabel und hinter ihm pickten sogar ein paar Gänse ihn in die Beine und in den Hintern. Nun von allen Seiten drangsaliert, ergriff der Bulle in wilder Panik die Flucht. Seither habe ich großen Respekt, wenn diese Gänse auf mich zukommen und weiche vorsichtig aus. Anders unser Baby Hans, einen Stock in der Hand, jagt er jedes Mal die Gänse vor sich her.