Finanzen & Versicherungen
Nettotarife – ein Konzept mit Zukunft?
Wenn man sich einen Versicherungsvertrag ansieht, liest man dort Begriffe wie Transaktionskosten, Ausgabeaufschläge, Fondskosten und so weiter. Sie alle bedeuten zusätzliche Gebühren für den Versicherten. Zwar handelt es sich meistens um kleine Prozentangaben, aber die sollten nicht unterschätzt werden, denn am Ende kommt einiges an Kosten zusammen, die sich nicht direkt auf die abgeschlossene Versicherung beziehen. Bei dem riesigen Angebot an Versicherungen ist der Normalverbraucher schnell überfordert, sodass er sich dieser zusätzlichen Kosten gar nicht unbedingt bewusst ist.
Wir Deutschen sind es aber leider auch gar nicht anders gewohnt. Während in den USA und in den skandinavischen Ländern die Provisionsberatung schon vor ein paar Jahren abgeschafft wurde, bezahlen wir immer noch drauf. Dabei geht auch in Deutschland der Trend weg von der Provision. Eine Studie der Universität Mainz hat ergeben, dass 75 Prozent der Befragten lieber ein Honorar anstelle eine Provision zahlen würden. Der Bedarf an Provisionsberatung sinkt langsam aber sicher, was auch nicht verwunderlich ist, wenn Verträge auf Honorarbasis bei gleicher Betragshöhe mehr Geld erwirtschaften. Kritisiert wird an dem Provisionsmodell vor allem, dass keine unabhängige Kundenberatung ermöglicht wird. Des Weiteren sind die Kosten für ein Versicherungsprodukt in vielen Fällen nicht transparent.
Nettotarife enthalten keine Provisionen und Abschlusskosten. Etwa zwanzig bis dreißig Versicherungsunternehmen in Deutschland bieten mittlerweile Nettotarife an. Zum Beispiel bei Altersvorsorge-Versicherungen, Sachversicherungen oder Lebensversicherungen werden die Sparbeiträge des Versicherten durch den Verzicht von Provisionen und Abschlussgebühren wesentlich weniger durch Kosten belastet, wie das bei Provisionstarifen der Fall ist, die von Versicherungsgesellschaften, Versicherungsmaklern oder Finanzvertrieben verkauft werden. Die Provisionen und Abschlusskosten sind in die Versicherungstarife eingerechnet.
Nettotarife können also die gleiche Leistung für weniger Geld bieten.
Um trotzdem die Kosten decken zu können, erheben viele Anbieter eine einmalige Servicegebühr. Unternehmen, die Nettotarife anbieten, trennen Beratungs- und Vermittlungsleistung. Sie arbeiten nicht für ein Kreditinstitut und können dadurch auf Provisionen verzichten. Rechtlich bestehen also zwei voneinander getrennte Verträge: Der Versicherungsvertrag und die Honorarvereinbarung.
Es sind vor allem kleinere Versicherer, die Nettotarife anbieten. Das könnte damit zusammenhängen, dass kleine Versicherungsunternehmen durch ihre Wachstumsstrategien alternativen Vergütungssystemen eher aufgeschlossen gegenüberstehen.
Das größte Angebot an Nettotarifen gibt es bei den Lebensversicherern, das zweitgrößte Angebot findet man bei Kompositversicherern. Von Krankenversicherern werden bisher noch keine Nettotarife angeboten.
Zusammenfassend ist das Angebot an Nettotarifen bis jetzt sehr eingeschränkt. Trotzdem steigt die Bedeutung langsam an. Der Verbraucherschutz spricht sich ganz klar für eine Trennung von Beratung und Verkauf aus, weil sie zu einer Qualitätsverbesserung der Beratung zu Versicherungsprodukten führt.