Kino & Fernsehen
Raheja/Kothari: „Indian Cinema. The Bollywood Saga“ (Filmbuch)
Das englischsprachige Buch „Indian Cinema. The Bollywood Saga“ der beiden Autoren Raheja und Kothari taugt definitiv nicht zum Lesen im Bus oder im Zug. Mit einem Format von 30,5 x 30,5 x 2,5 cm und festem Einband hat es ordentlich Gewicht. Aber dafür hat es auch das, was in anderen Bollywood-Büchern oft zu kurz kommt: Schöne, große, bunte Bilder, zwar nicht immer in der höchsten Auflösung, aber es reicht.
Gleich am Anfang räkelt sich Kareena Kapoor über eine ganze Doppelseite. Es folgen Madhubala, Rekha und Nimmi. Man sieht: Bollywood ist zwar ein männliches Heldenkino, aber die Optik gehört dann doch den Frauen.
Eine chronologische Filmgeschichte
Der Text liefert eine chronologische und solide Darstellung der Bollywood-Geschichte. Unterteilt ist es in Jahrzehnte, was natürlich nicht immer ganz glücklich ist, da filmgeschichtliche Entwicklungen sich im Allgemeinen nicht nach dem Kalender richten. Ergänzt wird der Text durch Sonderabschnitte und Sonderseiten, in denen besondere Themen oder wichtige Filme speziell behandelt werden.
Es beginnt mit der Stummfilmzeit, dem ersten indischen Spielfilm und dem deutschen Regisseur in Indien: Franz Osten, der dort arbeitete, bis er wegen weltpolitischer Auseinandersetzungen das Land verlassen musste. Es folgt der Tonfilm in den 30ern und das Entstehen der heute noch gültigen untrennbaren Verbindung von Film und Musik, auch wenn die Schauspieler und Schauspielerinnen am Anfang noch selbst gesungen haben, bis das Playback eingeführt wurde. Auf die Unabhängigkeit folgte das Goldene Zeitalter, eine einzigartige poetische Verbindung aus Anspruch und Kommerz. Diese Zeit fand interessanterweise ihr Ende durch den Farbfilm, der in den 60ern für Glamour und internationalen Eskapismus sorgte. Es folgten die düsteren, rebellischen 70er mit ihrem Helden Amitabh Bachchan, das qualitative Wellental der 80er, aber dann die Wiedergeburt der Liebesgeschichte mit Musik durch jugendliche romantische Komödien mit den drei Khans: Salman, Aamir und Shah Rukh.
Viele Fakten
Der Text ist sehr knapp und präzise, oft zu präzise. Die Autoren scheinen Panik vor der Lücke zu haben und möchten offensichtlich ihr gesammeltes Wissen an den Leser und die Leserin bringen. Das kann dann dazu führen, dass Absätze zu faktenreichen Aufzählungen werden: Schauspielerin X hat dies gemacht in diesem Film, Schauspielerin Y hat das gemacht in dem Film und Schauspielerin Z hat jenes gemacht in jenem Film. Das Ganze wirkt dann wie der Entwurf für einen längeren Text. Für tiefere Zusammenhänge sollte man dann auch lieber zu anderen Büchern greifen, wie denen von Nasreen Munni Kabir und Mihir Bose.
Auch wenn es sich hier also um ein optisch schönes Buch handelt, werden Bollywood-Anfänger beim Lesen schwindlig werden, auch wenn die Bilder natürlich für jeden interessant sind. Was dieses Buch mit anderen Bollywood-Büchern gemeinsam hat, ist die Liebe und Begeisterung der beiden Autoren fürs Kino aus Bombay. Aber vermutlich ist dies gerade eine Voraussetzung, denn rein analytisch wird man diesem Thema nicht gerecht.