"Das letzte Band" (1958/59) & Spiel (1963)
Samuel Beckett: "Das letzte Band" & "Spiel"
Von Rosi
1) Biographie: Samuel Barclay Beckett
* 1906 Foxrock, Dublin
1923 - 27 Studium am Trinity College in Dublin
1928 - 33 Aufenthalt in Paris; Kontakt zu Joyce
1930 erstes Gedicht: Whoroscope
1937 Umzug nach Paris
1940 Beitritt zur Resistance
ab 1945 Schreiben auf Französisch
1948 - 40 Warten auf Godot/Waiting for Godot
1955 - 57 Endspiel/Endgame
1958 Das letzte Band/Krapp's Last Tape
1960 Glückliche Tage/Happy Days
1963 Play/Spiel
1969 Nobelpreis für Literatur
gest. 1969 in Paris
2) Identitätsverlust / Mechanisierung
Das letzte Band:
- Tonband markiert Brüche der Identität: Nachschlagen im Lexikon; Rede vom früheren Ich in 03. Person - Fremdheit der Ichs; brechen von Vorsätzen (Bananensucht, Alkohol)
- Nur Körperlichkeit verbindet alle drei Ichs (Banane)
- Rückschauhalten: Orientierung an dem Vergangenem Ich; keine individuelle Selbstdefinition
- Tonband: Ich-Prothese; Elektronisches Gedächtnis; Reproduzierbarkeit der akustischen Vergangenheit
- Tonband suggeriert Kontinuität bzw. Unsterblichkeit, überwindet Zeit und Raum, Gegensatz zur Leiblichkeit Krapps
Spiel:
- Urnen-Köpfe: Körperlosigkeit, Entindividualisierte Figuren, keine Namen (M, W1, W2) - Identitätsverlust; Anonymität der Persönlichkeit
- Automatenhafte Wiederholung (Sprechautomaten), Figurenrede wie Tonbänder: play + Stopp
- Mann als Sexmaschine: "Something machine"
- Lichtmaschine ermöglicht Sprache
- Fehlerhafter Informationsspeicher: Lachen, Schluckauf
3) Sprache
Das letzte Band
- Reproduzierbarkeit der Sprache; Tonband überwindet Zeit und Raum, kann Zeit jedoch nicht zurückbringen >>> Zeit entleert Sprache ihres Sinns
- Unzulänglichkeit der Sprache wird durch Pantomime ergänzt
- Tonbänder setzen einen zukünftigen Auditor als zeitlichen Fixpunkt und höchstrichterliche Instanz voraus (Auditormotiv); Abbruch der letzten Aufnahme durch Krapps Sprachlosigkeit und autobiographischen Automatismus bedingt
- Kann durch Sprache nicht in Vergangenheit zurückfinden
Spiel:
- Sprach- und Handlungsreduktion
- Differenzierbarkeit der Klöpfe nur durch Stimmen ("Faces so lost to age and aspect as to seem almost part of the urns")
- Enttäuschung der Erwartungshaltung
- Ungenügsamkeit der Sprache
- Auditormotiv: setzt ordnenden Zuhörer voraus um aus Wortfetzen und Atzteilen Reales entstehen zu lassen
- Ungreifbarkeit des Geschehens dargestellt durch Umschreibungen (somethin machine, revival of intimacy)
- Können sich durch Sprache nicht aus Vergangenheit befreien
Auditormotiv = ein Zuhörer wird vorausgesetzt
4) Sinnverlust
Das letzte Band
- Vergehen der Zeit führt zur Unbeständigkeit des Ichs
- Sprache gibt das Individuum bei fortlaufender Zeit nicht mehr adäquat wieder: Krapp findet keine neue sprachliche Ausdrucksmöglichkeit
- Sprache wird als Mittel zur Abbildung des Ichs in Frage gestellt
- Sinnlosigkeit ritueller Abläufe
Spiel
- Reduktion des Menschen zum Dinghaften durch:
- 01. verfremdetes Erscheinungsbild
- 02. Licht
- die Geschichte der drei Figuren wird durch das Licht von einer subjektiven Erinnerung zu einem fremdbestimmten Spiel
- Licht als Ordnungsprinzip schafft Verwirrung und damit Sinnlosigkeit
- Sinnlosigkeit zwischenmenschlicher Beziehungen
Groteske Elemente
- Körperdrama: Bananenessen, Sexualität, Tod
- Maschinenkörper
- Sinnverlust
- Verfremdung
- Erwartungsbruch
- Sprachliche Unzulänglichkeit / Kommunikationsversagen
Allgemeines zur Analyse:
- Ein Publikum ist vorhanden, um über das Spiel hinauszugehen
- Bei Beckett besteht oft ein Großteil der Geschichte aus Clownerie
- Es wird als Komik- und Clownsnummer aufgebaut, auch wenn wir es nicht als komisch empfinden