Auslegung eines Testaments
Testament
Die Auslegung von Testamenten ist zuweilen erforderlich, wenn der Erblasser den Text in seiner letztwilligen Verfügung nicht eindeutig verfasst hat. Es können schon kleine Ungenauigkeiten dazu führen, dass die Nachwelt über den tatsächlichen Willen des Erblassers rätseln muss. So kann es schon ausreichend sein, wenn der Erblasser in seinem Testament seine „Kinder“ als Erben einsetzt, wenn der Erblasser nicht nur eigene leibliche Kinder, sondern seit Jahren auch ein Pflegekind in seiner Familie hat. So eng auch die Beziehung zwischen Vater und Erblasser einerseits und Pflegekind andererseits gewesen sein mag, juristisch gesehen sind die beiden nicht verwandt und das Pflegekind wäre auch nach der gesetzlichen Erbfolge nicht erbberechtigt.
Wenn solche ungewollt zweideutigen Formulierungen im Testament auftauchen, dann kann man erwarten, dass es spätestens bei der Beantragung eines Erbscheins durch einen der Erben Ärger gibt. Während nämlich die leiblichen Kinder des Erblassers die Auffassung vertreten, dass selbstverständlich nur sie mit dem Begriff „Kinder“ angesprochen sein können, wird das Pflegekind auf die jahrelange enge Verbindung zu ihrem Pflegevater verweisen und selbstverständlich auch für sich selber ein Erbrecht aus dem Testament in Anspruch nehmen. Das Nachlassgericht hat dann die Aufgabe, diesen Interessengegensatz aufzulösen. Natürlich gibt es im BGB Auslegungsregeln bei Unklarheiten in einem letzten Willen. Bevor jedoch diese Regeln herangezogen werden, ist immer der maßgebliche Erblasserwille zu ermitteln. Lässt sich dieser zweifelsfrei feststellen, ist trotz einer vermeintlich unklaren Formulierung im Testament kein Platz für eine ergänzende Auslegung. Als ersten Schritt unternimmt man dabei immer die wörtliche Auslegung. Wenn der Wortlaut des Erblassers klar ist, dann kann es unter den Erben auch keinen Streit geben. Führt aber die wörtliche Auslegung nicht weiter, dann ist eine Auslegung unter Berücksichtigung des Textzusammenhangs vorzunehmen. Führt auch dies zu keinem klaren Ergebnis, dann können auch weitere und nicht im Testament aufgenommene Erklärungen zur Ermittlung des tatsächlichen Erblasserwillens herangezogen werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Erklärungen in irgendeiner Form in dem letzten Willen Anklang gefunden haben.