Peter Niederkofler

Schuld

Was ist Schuld

Schuld ist mein ständiger Begleiter und damit bin ich bester Gesellschaft: Jesus sagte: Wer ohne Schuld ist werfe den ersten Stein! Eine immer noch aktuelle Lebensversicherung, wenn sich alle Beteiligten an die Regeln halten.

Anlass das es die Schuld ist über die ich hier schreibe war ein Ereignis in meiner Firma: Ein Mitarbeiter hatte sich bei einen Arbeitsunfall einen Finger abgeschnitten, am gleichen Tag kommt ein weiterer Mitarbeiter nicht zur Arbeit, ist auch zu Hause nicht anzutreffen. Ich habe mich dabei beobachtet wie ich die Schuld an diesen Ereignissen weit weg von mir schieben wollte: Ist das meine Schuld? Bin ich verantwortlich für das was in meiner Welt passiert? Wie weitreichend ist meine Schuld, unbegrenzt?

Ich möchte mich vorab schnell mal entschuldigen: Es kann sein das manches nicht ganz schlüssig wirkt, vielleicht fehlt der Schluss, die Lösung oder ich bleibe das Happy End schuldig. Nun zu den Fakten, ich bitte diese aber nicht immer ganz ernst zu nehmen: Schuld ist messbar, meist am Strafmaß: Wie lange musste ich in der Schule in der Ecke stehen, wie viele Punkte werden vom Führerschein abgezogen, wie hoch ist der Unterhaltsanspruch meiner Frau. Die Maßstäbe für Schuld sind dann aber doch sehr variabel,hängen von Ort, Zeit, Status und vor allen von den Argumenten ab. Im Kleinen hat es sich bewährt nicht mehr mit dem anderen zu reden, wer es länger aushält, hat weniger Schuld, im Großen kann eine gute Armee ausschlaggebend sein: Was im Krieg gegen den Terror ausdrücklich erforderlich ist um mitzumachen, wird zur gleichen Zeit im friedlichen Heimatland mit mindenstens Lebenslang bestraft. Wer früher eine Hexe war ist heute vielleicht eine Heilerin. In Italien hat es sich bewährt Ministerpräsident zu sein: Man bekommt überall die Schuld, auszubaden haben das  die anderen, selbst ist man dagegen immun.

Schuld macht Opfer, Opfer machen Täter: Wenn ich keinen Applaus kriege dann habt Ihr die Schuld dass ich mich schlecht fühle. Wenn ich meinen Sohn nicht dieses oder Jenes kaufe was Mann heutzutage braucht um cool zu sein, dann habe ich die Schuld dass er sich plamiert. Und überhaupt habe ich schuld dass er durch mich zu wenig Selbstwert entwickelt hat. Aber diese Schuld reichen ich gerne an meine Eltern weiter, die habe schuld dass ich mich jetzt schuldig fühle. Wie ich meine gibt Schuld auf unserer Welt im Überfluss, jeder möchte dem Nächsten davon geben, und doch gibt es kaum jemand der nicht schon genug davon hätte.

Die Schuld scheint mit den Menschen auf die Welt gekommen zu sein, die Frage könnte sein, wer damit angefangen hat, wer Schuld an der Schuld hat: Zwei Verdächtige kenne ich: Adam und Eva haben doch vom Baum der Unschuld gegessen und wurden damit des unschuldigen Paradieses unwürdig. Jesus ist stellvertretend für die Menschheit am Kreuz gestorben um uns von der Schuld zu erlösen, leider gibt es sie immer noch die Schuld.

Schuldenkrise: Die Lehrerin hat schuld dass ich im Rechnen nie so richtig gut geworden bin, wahrscheinlich verstehe ich die Zusammenhänge deshalb nicht: Der Staat ist pleite, die Banken sind es auch, wer hat nun bei wem Schulden und wer ist am Ende an den Schlammassel schuld? Die Schuld beherrscht, so habe ich den Eindruck die Welt, und sie scheint das beste Mittel zu sein um die Welt zu beherrschen. Wer sich vor Gott schuldig macht kommt nicht in den Himmel. Ich bin mitschuldig am Elend dieser Welt, bin ich doch einer von denen die die Erde ausbeuten und ihr mehr nehmen als sie zu geben hat, so flüstert sie mir andauernd zu die Schuld. Wie kann ich ihr entkommen: Zudecken oder angreifen, am besten beides. Bevor es jemand merkt, jedes Mittel zählt um die Schuld aus der Welt zu schaffen, die Scham und Schmach ist zu groß um dass ich es zulasse, dass andere auf mich zeigen. Ob nun Streit in der Familie, Krieg im Irak, Krieg gegen den Iran, Weltkriege, kann es sein dass letztlich alle kleinen und großen Auseinandersetzungen letztlich auf die Tilgung und Ausradierung von Schuld hinauslaufen, Schuld gegenüber wem eigentlich?

Als ich eines schönen Tages in der Natur unterwegs war hatte ich einen Einfall: Gibt es in der Natur Schuld? Die Sonne schickt keine Rechnung, kein Baum fragt wem er Schatten spendet, kein Gras beklagt sich wenn es verdorrt, die Blumen lachen allen zu die es wahrnehmen können, die Luft ist gleichemaßen für alle immer da. Alles ist so wie es ist in Ordnung. Und es kommt noch besser, irgenwie magisch habe ich mich mit meiner Umgebung verbunden gefühlt, sozusagen eins und auf einer Wellenlänge, so als wäre alles ein einziges Wesen. Wenn ich mit allen was ist eins bin, was ist dann Schuld? Gegenüber wem oder was sollte ich dann schuldig sein? Ist die Schuld eine Illusion? In diesen Moment konnte ich sie loslassen die Schuld, auch wenn es der Verstand nicht verstehen will. Der Verstand macht mich zum Menschen, zum Induviduum, meine Gedanken sind es die die Grenzen errichten, zwischen mir und Dir. Irgendie habe ich den Schuldigen gefunden, der Verstand könnte es sein, der die Schuld so dringend braucht um Ich zu sein. Da fängt sie wieder an die Schleife und es gibt keine wirkliche Lösung, es ist alles in Bewegung, nichts ist wie es scheint. Vorne ist hinten, unten ist oben, innen ist außen und umgekehrt. Kann es sein  dass es die Welt ohne mich gar nicht gibt? Ich verstehe es nicht wirklich, die Illusion der Illusion entschwindet, und sie hat mich wieder die Schuld, oder ich sie. Könnte es sein das es das einzige Problem ist, wenn überhaupt? Ist es nicht so dass Schuld bedeutet das etwas in meinen Leben ist wie es nicht sein soll, oder etwas nicht ist wie es sein sollte? Ist es nicht  die Spannung, der scheinbar unüberwindbare Graben zwischen den schuldigen und unwürdigen Jetzt und der erwünschten und besseren Zukunft die mich an das Problem glauben lässt und mich fast zerreißt? So gesehen das einzige Problem das ich habe. Ist Schuld mit dem Wünschen werwandt? Nicht ganz, auch wenn beide eine Veränderung bewirken wollen, vom hier zum dort: Der Unterschied wie es empfinde: Schuld erzwingt, Wünsche erlauben, Schuld drängt. Ist es der Instinkt den Zwang zu widerstehen, ihn immer nur ein Stückbreit Raum zu geben, ihn zurückzudrängen, ihn zu bekämpfen, zu besiegen, ist es das was mich zuweilen unglücklich, frustriert, müde und abgrundtief traurig macht. Der Kampf ist nicht zu gewinnen, das scheine ich zu spüren, und doch möchte ich es nicht sehen, die Kapitulation in die Zukunft verschieben.