Reiche sind doch "gleicher" als die "Normalos"
Wie die Reichen das Strafrecht unterlaufen
Rein äußerlich betrachtet steht also einer Gleichstellung in unserer Gesellschaft kaum etwas entgegen. Betrachtet man jedoch die Realität, wird schnell deutlich, dass zwar alle Menschen angeblich gleich, die Reichen und Mächtigen aber „gleicher“ sind als ihre ärmeren Mitmenschen. Immer wieder, wenn ein Reicher oder eine sehr bekannte Persönlichkeit vor Gericht kommt, drängt sich bei der letztlich verkündeten Strafe der Verdacht auf, dass hier Geld vor Recht wirkte.
Gleich ist nicht Gleich!
"Rein äußerlich betrachtet steht also einer Gleichstellung in unserer Gesellschaft kaum etwas entgegen. Betrachtet man jedoch die Realität, wird schnell deutlich, dass zwar alle Menschen angeblich gleich, die Reichen und Mächtigen aber „gleicher“ sind als ihre ärmeren Mitmenschen. Immer wieder, wenn ein Reicher oder eine sehr bekannte Persönlichkeit vor Gericht kommt, drängt sich bei der letztlich verkündeten Strafe der Verdacht auf, dass hier Geld vor Recht wirkte. Dieser Eindruck beruht auch keineswegs auf einem die Wahrnehmung verzerrenden Sozialneid, sondern ist in §153a der Strafprozessordnung formuliert. Dieser ermöglicht es der Staatsanwaltschaft, ein Strafverfahren einzustellen, wenn gewisse Geldauflagen erfüllt werden. Zu einem solchen „Deal“ (Geschäft), das heißt einer Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße, kommt es in etwa 90 Prozent aller Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren in Deutschland."
§ 153a - ein Möglichkeit sich die Freiheit zu erkaufen
"Eigentlich wurde das Prinzip der Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage konzipiert für Massendelikte im Bereich der Kleinkriminalität (wie Ladendiebstahl) oder bei Verkehrsdelikten. In letzter Zeit erfreut sich dieser Paragraf jedoch wachsender Beliebtheit bei komplexen und heiklen Großverfahren, wie z. B. beim Mannesmann-Prozess. Steht einer gerichtlichen Einigung weder „die Schwere der Schuld“ noch das „öffentliche Interesse“ entgegen, so kann eine Anklage fallen gelassen werden. Man einigt sich dann auf einen Betrag, den zu zahlen dem oder der Angeklagten in aller Regel leicht fällt. Hinterzieht jemand z. B. 30 Mio. Euro an Steuern, so kann er unter der Auflage, 750.000 Euro an die Staatskasse zu zahlen, als freier Mensch das Gericht verlassen und gilt noch nicht einmal als vorbestraft (so nachzulesen im Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Fluter, S. 45). Die hinterzogenen Steuern müssen natürlich auch gezahlt werden! Ein Unrechtsbewusstsein weckt man dadurch bei dem Steuersünder sicherlich nicht. Dieser wird das Gericht eher mit dem Gefühl des Ärgers verlassen, er sei bei seinem Betrugsversuch nicht schlau genug vorgegangen und sich denken: „Na, dann zahle ich diesmal meine Strafe halt. Vielleicht klappt es mit der Steuerhinterziehung das nächste Mal besser!“ Vom eigentlichen Gewinn, der bei ihm ja um ein Vielfaches höher als 30 Millionen Euro sein muss, wenn er diesen Betrag als Steuern zahlen sollte, bleibt trotzdem noch genug! Trifft einen Geringverdiener eine Anklage wegen Steuerhinterziehung, so stehen seine Chancen, ungeschoren aus der Sache heraus zu kommen, nicht gerade gut. Verdient man jedoch viel und kann sich einen entsprechend teuren Anwalt leisten, sieht es bestens aus."
Das Gesetz trifft nur die Unterschicht!
"Professor Klaus Bernsmann von der Universität Bochum sieht in der Alltagsrealität der Bundesrepublik noch einen weiten Weg zu einem gerechten Strafrechtssystem. Sein Fazit: „Das Gesetz trifft nur die Unterschicht, weil ich die Großen doch raushaue.“ (ebenfalls nachzulesen im Magazin der bpb Fluter, S. 45). Kein Wunder, dass sich Menschen, die nicht zu den Reichen zählen, sich auch hinsichtlich unseres Rechtssystems auf der Standspur fühlen. Überholen bzw. das Rechtssystem umfahren können eben nur „die Großen“.
Etwas gerechter würde der dargestellte Sachverhalt dann wirken, wenn die festgesetzten Geldstrafen sich wenigstens in einer für den reichen Sünder wirklich „schmerzhaften“ Höhe bewegten und der Allgemeinheit zugute kämen. Dieser Forderung entsprach erst kürzlich das Kabinett mit einem Beschluss, welcher den höchstmöglichen Tagessatz von bisher 5.000 Euro auf 20.000 Euro erhöhte. Hierdurch steigt die höchstmögliche Geldstrafe von bisher 1,8 auf 7,2 Mio. Euro. Sie kann sogar, sofern mehrere Straftatbestände vorliegen, auf 14,4 Mio. Euro verdoppelt werden. Das Bundesjustizministerium möchte mit dieser Neuregelung der Einkommensentwicklung bei Großverdienern gerecht werden. Es bleibt jedoch zweifelhaft, ob solche Beträge bei einem Jahreseinkommen von mehreren Millionen wirklich wehtun und damit der Entwicklung eines Unrechtsbewusstseins förderlich sind."
Zitiert nach dem Kapitel: "Befreiung vom Erfolgsdruck", Unterkapitel: "Gleiche Anerkennung und Chancengleichheit", aus dem Buch: Hartz IV und Co.: Wie unsere Gesellschaft Armut provoziert – und wie Betroffene ihre Würde bewahren können.
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