Bücher
Zwei Satirensammlungen
Der Autor Helmut Agnesson veröffentlichte vor gut einem Jahr die Novelle "Deborah und der Sex im Knast", über die ich einen Pageballs verfasst habe. Das war sein erstes eigenes Werk, bis dahin hatte er in unterschiedlichen Anthologien veröffentlicht. Zwischenzeitlich erschien ein Sachbuch mit Tipps für Sportwetten, wobei sich der Verfasser auf die Remis-Strategie konzentrierte. Im Februar und im März veröffentlichte der Autor dann innerhalb kurzer Zeit zwei Satiren-Bändchen. Einer davon stellt Purimscherze, der andere Aprilscherze vor.
Das Synagogenschiff
Das Synagogenschiff enthält 13 Purimscherze und eine kurze Deutung zur abgesetzten Königin Waschti als Anhang. Das Synagogenschiff ist ein Schiff, das bei Juden beliebte Urlaubsorte ohne eigene Synagoge während der Sommerreisezeit aufsucht. Herrlich auch die Vorstellung, dass bei jüdischen Sportspielen aus Gerechtigkeitsgründen künftig Ecken durch Elfmeter ersetzt werden. Allerdings nicht ganz so plump simpel und einfach wie damals auf dem Bolzplatz, wo drei Eckstöße zu einem Ersatz-Strafstoß führten. Eine sexuelle Komponente kommt bei den ganzen Purimscherzen ebenfalls vor. Der Autor beschreibt, dass die Königin von Seba weniger an der allgemeinen Weisheit Salamons als am Sex mit dem israelischen König interessiert war. Das ist gar nicht so sehr weit hergeholt, denn die Tradition besagt, dass die Dynastie der äthiopischen Juden aus dieser Liason hervorgegangen ist. Am besten gefallen hat mir die Überlegung, ob eine jüdische Hexe am Schabbat mit dem Besen zur Synagoge fliegen darf.
Mönchengladbach heißt bald Nonnengladbach
Die Titelgeschichte ist angesichts mehrfacher Wendungen hervorragend gelungen. Die katholische Kirche wehrt sich gegen den Stadtnamen Mönchengladbach, da dieser andeutet, dass die dort lebenden Mönche Sex gehabt hätten. Glad ist mit to be glade, sich erfreuen, verwandt und hatte im Deutschen, als es dort noch verwendet wurde, eine sexuelle Konnotation, die durch das Wasser verstärkt wird. Die Kirche fordert also eine Umbenennung der Vitusstadt und löst eine Diskussion aus. Diese führt tatsächlich zu einem neuen Namen Mönchengladbachs, allerdings anders als von der Kirche erwartet. Nonnengladbach klingt schließlich so, als ob dort Nonnen Sex gehabt hätten. Pikant dabei ist, die auch vom Verfasser erwähnte Tatsache, dass sich in Mönchengladbach Verbindungsgänge zwischen dem Frauenkonvikt und dem Männerkloster gefunden wurden. Diese dienten offiziell dem schnelleren Zugang zum gemeinsamen Beten, was nicht jede(r) glaubt. Eine weitere schöne Geschichte ist das zauberhafte Schlankheitsmittel im Sinne eines Zauberspruchs. Auch der Gedanke, dass die Europäische Kommission die Begriffe Frauenfahrrad und Männerfahrrad verbieten würde, wird gut ausgeführt. Mit dem Fahrrad Strom zu erzeugen und in die Obus-Leitung einzuspeisen, ist eine gute Idee. Ausführlich ausgearbeitet auch der Beitrag zur künftigen Pfandsteuer am Flaschenrückgabeautomaten.
Bewertung
Sowohl "Das Synagogenschiff" als auch "Mönchengladbach heißt bald Nonnengladbach" sind preiswerte E-Books, die jeweils nur 99 Cent kosten. Ich habe bei der Lektüre beider Werke herzhaft geschmunzelt und kann den Kauf empfehlen. Die Trennung zwischen Purimscherzen und Aprilscherzen hält der Verfasser allerdings nicht ganz konsequent durch, denn auch einige der für den ersten April gedachten Scherzgeschichten enthalten jüdisch-religiöse Motive wie die Betrachtung, unter welchen Gesichtspunkten Zaubersprüche erlaubt sind. Auch wer sich mit dem Judentum nicht auskennt, versteht den Humor der Scherzgeschichten ohne Weiteres, sodass ich für alle eine Leseempfehlung abgebe. Viel Spaß dabei.